Co-Preisträgerin Friedensnobelpreis

Jessica Cox, die erste Pilotin ohne Arme, besucht unsere Projekte in Äthiopien

Bei ihrem Besuch wurde Jessica von einem Filmteam begleitet, das gerade an einem Dokumentarfilm über ihr Leben mit dem Titel „Rightfooted“ arbeitet. Für uns beschreibt sie ihre Eindrücke von unseren Inklusionsprojekten.

Jessica Cox schreibt, fliegt und lebt mit Hilfe ihrer Füße.

Jessica Cox schreibt, fliegt und lebt mit Hilfe ihrer Füße. | © Molly Feltner / Handicap International

Oft hört man von Entwicklungshilfeorganisationen, die nach Afrika gehen, um dort aktiv zu werden. Man geht davon aus, dass sie gute Taten verrichten, wenn sogar Stars wie Oprah Winfrey oder Bono zu ihren Standorten kommen; zumindest sind das die Bilder, die wir im Fernsehen und in den Zeitungen sehen. Aber nur selten bekommt man die Möglichkeit, vor Ort zu sein, hinter die Kulissen zu schauen und sich selbst ein Bild von der Arbeit der Organisationen zu machen.

Ich hatte viel von der großartigen Arbeit gehört, die Handicap International leistet. Bei meiner Reise nach Äthiopien Ende März war mein Kopf voll mit Statistiken über Kinder mit Behinderung. Doch das war kein Vergleich zu dem, was ich auf unserer Reise miterleben sollte.

Ich war mir sehr über die Schwierigkeiten im Klaren, mit denen Kinder mit Behinderung konfrontiert sind, doch es überstieg mein Vorstellungsvermögen, wie eine so umfangreiche und komplexe Aufgabe angegangen werden kann. Von Handicap International habe ich gelernt, dass man am Fundament ansetzen muss: bei der Bildung. Es geht darum, dass Menschen schon früh in ihrem Leben Möglichkeiten sehen.
 
Und das ist sinnvoll. Hätte ich nicht die Möglichkeit gehabt zur Schule zu gehen, dann hätte ich auch nicht die Basics erlernt, um Pilotin zu werden, mein eigenes Geschäft zu machen und selbst für meinen Lebensunterhalt aufzukommen. Viele Dinge in meinem Leben wären nicht möglich gewesen, hätte ich nicht zuerst lesen und schreiben gelernt.

Jessica und ein Mädchen mit einer physischen und geistigen Behinderung sitzen auf einer Matte, sie lächeln
 

Bei Handicap International war ich mittendrin. Wir besuchten Hara und Dira Dawa (das sind zwei Städte in Ostäthiopien) und hospitierten in Schulen, in denen Handicap International Inklusionsprogramme betreibt.  Besonders beeindruckt war ich von den Grundschulen, die über ein Disability Resource Center verfügen. Diese werden von Handicap International und der United States Agency for International Development (USAID) gefördert.
 
In meiner Jugend hatte ich keinen Zugang zu Disability Resource Centern, bis ich auf das College kam. Aber hier [in Äthiopien] haben die Kinder Einrichtungen dieser Art direkt in ihrer Schule, dort gibt es Informationen und Angebote für Schüler und Eltern. Ich habe von einer Frau gehört, die in ein Haus zog, das möglichst nahe an der Schule liegt, einfach um ihrem Sohn, der eine Sehbehinderung hat, den Besuch einer solchen Schule zu ermöglichen. Eltern unternehmen wirklich große Anstrengungen, damit ihre Kinder an diesen Schulen lernen können.
 
Es zeigt sich, dass Eltern und Kinder die Möglichkeiten nutzen, die sich ihnen bieten. Inzwischen bin ich felsenfest von der Wirksamkeit der Arbeit von Handicap International überzeugt, denn ich habe gesehen, was die Mitarbeiter der Organisation in den Schulen leisten und welche Bedeutung das für Eltern und Kinder hat. Es ist eine Sache, zu hören, was NGOs in Afrika bewerkstelligen, dabei zu sein, ist eine andere. Ich werde nie die ganzen Dinge vergessen, die die Kinder mit mir geteilt haben. Die Worte, die mir eine Schülerin zum Abschied sagte, waren sehr bewegend; sie sagte: „Schick deine Kinder mit Behinderung zur Schule!“