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Neuer Bericht von HI: Bombardierung zwingt Menschen aus Syrien zu wiederholter Flucht

Der von Handicap International am 5. Oktober 2017 in Genf veröffentlichte Bericht: „Überall folgten uns die Bomben“ zeigt, wie der Einsatz von Explosivwaffen in bevölkerten Gebieten die Menschen in und aus Syrien immer wieder zur Flucht zwingt. Außerdem zeichnet er ein besorgniserregendes Bild von den verheerenden und anhaltenden sozialen und ökonomischen Folgen der Bombardierungen. Handicap International fordert die Konfliktparteien auf, den Einsatz von Explosivwaffen in bevölkerten Gebieten zu stoppen. Die Organisation appelliert an die internationale Staatengemeinschaft, diese Praxis auf das Schärfste zu verurteilen und sich mit wirkungsvollen Maßnahmen für ein Ende einzusetzen.

Etwa die Hälfte der syrischen Bevölkerung ist innerhalb oder außerhalb Syriens auf der Flucht. In Interviews mit Handicap International im Juli 2017 haben 205 syrische Geflüchtete im Libanon erneut bestätigt, was hierfür die Hauptursache ist: der Einsatz von explosiven Waffen in bevölkerten Gebieten. Auf der Suche nach Sicherheit werden die Menschen oft mehrfach zwangsvertrieben und irren viele Monate umher.

Eine der Befragten, Hanan, beschreibt das Erlebnis nach ihrer ersten Flucht:

Wir dachten, dass wir nun in Sicherheit wären. Aber es ist, als würde man vor dem Tod weglaufen und bei der Ankunft feststellen, dass der Tod dort schon auf einen wartet.“

Eine weitere Frau, Sara, schildert ihre Flucht:

„Niemand von uns wusste, wohin wir gingen. Wir rannten stets vor der Zerstörung und der Gefahr davon, in der Hoffnung, einen sichereren Ort zu erreichen. Aber wir wussten nicht, wo der sein könnte. Wir liefen blindlings. Wir hatten kein klares Ziel.“

Fast die Hälfte der Befragten gab an, dass sie zunächst innerhalb ihrer Heimatstadt vertrieben wurde – im Schnitt dreimal – bevor die Menschen im Libanon schließlich Zuflucht fanden. Über die Hälfte floh vor der Flucht in den Libanon in eine oder mehrere andere Städte innerhalb Syriens. Als die Fliehenden im Libanon ankamen, waren sie oft völlig verarmt. 90 Prozent gaben an, dass sie durch den Einsatz von Explosivwaffen ihre Lebensgrundlage und/oder ihr Zuhause verloren hatten – oft sogar mehrfach, wenn sie sich nach ihrer Flucht innerhalb Syriens wieder ein bescheidenes Leben aufgebaut hatten.

Zerstörte Häuser, Armut, auf der Suche nach Schutz wieder und wieder vertrieben, die eigenen Kinder ohne Schulbildung und die erniedrigende dauerhafte Abhängigkeit von Almosen: Meist beklagten die Befragten das massive Gefühl, ihre Würde verloren zu haben.

Besonders hart sind Frauen von den Auswirkungen der Bombenangriffe betroffen. Sie leiden unter der sozialen Zerrüttung, ohne sichere Zufluchtsorte leben sie mit der ständigen Gefahr sexueller Übergriffe und sie werden eher Opfer krimineller Aktivitäten.

„Der Krieg rechtfertigt nicht alle Mittel. Es gibt internationale Regeln, die respektiert werden müssen. Dazu gehört die Verpflichtung der Kämpfenden, die Zivilbevölkerung vor den Auswirkungen des Kriegs zu bewahren“, betont Eva Maria Fischer, Leiterin Advocacy bei Handicap International Deutschland. „Die Angriffe mit explosiven Waffen, insbesondere solche mit Flächenwirkung, in bevölkerten Gebieten unterscheiden nicht zwischen der Zivilbevölkerung und Kämpfenden. 92 Prozent der Opfer dieser Praxis stammen aus der Zivilbevölkerung. Die Staaten müssen dafür sorgen, dass das internationale humanitäre Recht gewahrt und angewendet wird.“

Leider unternehmen die Staaten noch immer zu wenig, um dem Schrecken ein Ende zu bereiten. Anfang September startete Handicap International deshalb die weltweite Kampagne „Stop Bombing Civilians“, die engagierte Bürgerinnen und Bürger mobilisiert, die Regierungen auf die verheerenden Folgen des Einsatzes von Explosivwaffen in bevölkerten Gebieten aufmerksam macht und mit einer Petition wirkungsvolle Handlungen fordert.

Hier finden Sie eine Zusammenfassung des Berichts auf Deutsch.

Hier finden Sie den kompletten Bericht auf Englisch.

Hier finden Sie einige der Fallbeispiele des Berichts.