Co-Preisträgerin Friedensnobelpreis

Syrien: Anzahl an Menschen mit Behinderung durch Erdbeben und Gewalt stark gestiegen

Die Hilfsorganisation Handicap International (HI) weist darauf hin, dass das Ausmaß an notwendiger humanitärer Hilfe im Nordwesten Syriens überwältigend ist. Die Anzahl an Menschen mit Behinderung in den Reha-Zentren, die Therapien oder Prothesen benötigen, ist nach oben geschnellt. Viele Menschen sind zudem zutiefst traumatisiert. Millionen Syrer und Syrerinnen wurden verletzt, vertrieben, sind verarmt, leben in Flüchtlingslagern oder sind obdachlos. Das Leid durch die Folgen des Erdbebens, der Gewalt und der Bombardierungen ist unermesslich. Täglich gibt es dutzende Explosionen. Das Gebiet ist durch Blindgänger verseucht. 

„Sechs Monate sind seit dem Erdbeben vergangen, und leider gibt es keine Aussicht auf einen Wiederaufbau der Städte und Gebiete, die durch die Katastrophe verwüstet wurden. Infolgedessen werden zahlreiche Familien auf Dauer obdachlos sein, was die ohnehin schon hohe Zahl der Menschen, die aufgrund des anhaltenden Krieges in Lagern leben, noch weiter erhöht. In den letzten Monaten hat die Zahl der Flüchtlingslager im Nordwesten Syriens stark zugenommen. Zudem ist auch die bewaffnete Gewalt angestiegen. Das unermessliche Leid, das die Bevölkerung seit zwölf Jahren ertragen muss, und das überwältigende Ausmaß an notwendiger humanitärer Unterstützung schockieren mich zutiefst.“

Myriam Abord-Hugon, Länderdirektorin für Syrien von Handicap International

Tausende sind traumatisiert

Mehr als 300 Kräfte von Handicap International arbeiten im Nordwesten Syriens, um den Menschen zu helfen, darunter in Krankenhäusern und Rehabilitations-Zentren. Die Hilfsorganisation konzentriert sich auf Physiotherapie und Prothesen für die Schwerstverletzten sowie psychologische Unterstützung für Tausende, die durch das Erdbeben und die unzähligen Nachbeben traumatisiert sind. Bisher wurden allein rund 10.000 Verletzte versorgt. Die Teams haben insgesamt seither 8.000 medizinische Hilfsmittel (wie Rollstühle, Geräte zur Verbesserung der Lungenfunktion oder Gehhilfen) verteilt, dazu 300 Prothesen und Orthesen.  

Ein Unfall alle 20 Minuten durch Explosionen

Neben der Versorgung der Schwerstverletzten und Menschen mit Behinderung räumen HI-Sprengstoffexperten explosive Kriegsreste und klären die Zivilbevölkerung über die Gefahren von Minen und Blindgängern auf. Aufgrund des massiven Einsatzes von Explosivwaffen in den letzten zwölf Jahren werden in Syrien nach UN-Angaben durchschnittlich 76 Explosionsunfälle pro Tag registriert, was einem Unfall alle 20 Minuten entspricht, der durch Sprengkörper verursacht wird. Viele der Blindgänger sind nicht nur an Land, sondern auch in Seen und Flüssen zu finden. Sie kontaminieren das Trinkwasser, bedrohen Fischer und behindern die Reparatur von Brücken oder Wasserwerken.