Co-Preisträgerin Friedensnobelpreis

Stop Bombing Civilians: Aufrüttelndes Wandbild vom Verein Handicap International und Street-Art-Künstlerin VIDEO eingeweiht

„Stop Bombing Civilians“: Aufrüttelndes Wandbild vom Verein Handicap International; Street-Art-Künstlerin VIDEO (Julia Heinisch) in Aktion. Bezirksvorsteher Latzel erinnert an Bombardierungen Stuttgarts 1944.

Leider ist Marwa Almbaed erkrankt und konnte nicht an der Einweihung teilnehmen.

Das Wandgemälde zeigt eine Interpretation von Picassos Guernica

Das Wandgemälde zeigt eine Interpretation von Picassos Guernica | © Julia König

Die Street-Art-Künstlerin VIDEO (Julia Heinisch) hat ein aufrüttelndes Mural in der Augsburger Straße 585 in Stuttgart-Obertürkheim gestaltet, um auf die schrecklichen Folgen von Bombenangriffen auf die Zivilbevölkerung aufmerksam zu machen. Sie unterstützt damit die Kampagne „Stop Bombing Civilians“ der Hilfsorganisation Handicap International (HI). Während einer Veranstaltung am Donnerstag, 4. September, erinnerte Kevin Latzel, Bezirksvorsteher Obertürkheim, an die erschütternden Bombardierungen im Raum Stuttgart. Dr. Eva Maria Fischer von Handicap International sprach von den verheerenden Angriffen auf die Zivilbevölkerung in aktuellen Konflikten.

Denkprozess anregen

Ausgehend von Pablo Picassos Guernica zeigt das Mural eine Komposition, die zum aktiven Denkprozess anregen soll. Die verschiedenen Bedeutungsebenen können immer wieder neu interpretiert werden. Im Mittelpunkt schaukelt ein Mädchen auf einem Rollstuhl, der an Ketten hängt. Dies vermittelt Leichtigkeit und fesselt zugleich an eine andere Realität. Das Wandgemälde soll nicht nur die Bevölkerung aufrütteln, sondern ist auch Teil eines Dokumentarfilmes, der die Entstehung des Kunstwerks nachzeichnet – inspiriert durch die Begegnung der Künstlerin mit Marwa Almbaed, einer Überlebenden des syrischen Bürgerkriegs. Die Regisseurinnen Hanna Hocker und Julia König waren ebenfalls vor Ort.

Die gemeinnützige Hilfsorganisation Handicap International e.V., die Kriegsüberlebende Marwa Almbaed, die Künstlerin VIDEO (Julia Heinisch) sowie die Regisseurinnen Hanna Hocker und Julia König wollen mit dem Kunstprojekt darauf aufmerksam machen, dass jährlich Zehntausende Zivilist*innen bei Bombardierungen getötet oder verletzt werden – aktuell beispielsweise in der Ukraine, im Gazastreifen, in Myanmar oder im Sudan. Auch der Raum Stuttgart war 1944 – vor 81 Jahren – Ziel von besonders folgenreichen Bombenangriffen. Damals wie heute fordern Explosivwaffen unzählige zivile Opfer und führen zu verheerender Zerstörung von ganzen Städten. Auch nach einem Angriff oder Konflikt verhindern explosive Kriegsreste eine sichere Rückkehr der Zivilbevölkerung, da Blindgänger noch jahrelang gefährlich sind.

Kevin Latzel, Bezirksvorsteher Obertürkheim: „Am 12. September 1944 wurde die Innenstadt von Stuttgart durch 180.000 Stabbrandbomben und Tausende weiterer Sprengbomben in eine Hölle verwandelt. Ein Feuersturm fegte durch die Straßen. Menschen, die in Kellern Schutz suchten, verbrannten oder erstickten. Es gab 957 Tote und 1.600 Verletzte. Dieses Beispiel zeigt, dass Zivilisten, ihre Häuser und ihre Lebensgrundlagen zu Zielen gemacht wurden, um den Willen einer Nation zu brechen. Solche Taktiken sind ein Schlag gegen unsere Menschlichkeit. Lassen Sie uns daher heute ein klares Signal senden: Zivilisten sind keine Ziele. Ihre Häuser sind keine militärischen Stellungen. Ihre Leben sind unantastbar.“

Dr. Eva Maria Fischer, Leiterin der politischen Abteilung von Handicap International Deutschland, schilderte die verheerenden Auswirkungen von Explosivwaffen in Wohngebieten und wies darauf hin, dass 90% der Opfer von Angriffen mit Explosivwaffen aus der Zivilbevölkerung stammen.

„Wir wollen mit unserer Kampagne „Stop Bombing Civilians“ darauf aufmerksam machen, dass sich die internationale Staatengemeinschaft mehr für die Opfer und für die Räumung von Blindgängern in bombardierten Gebieten einsetzen muss. Menschenverachtende Bombardierungen der Zivilbevölkerung müssen beendet werden,“ betonte Fischer.

Künstlerin VIDEO (Julia Heinisch): „Kunst gibt dem Unaussprechlichen Form: Sie kann Propaganda sein oder – auch in der ästhetischen Darstellung des Unangenehmen – öffentliche Aufmerksamkeit schaffen. So vermittelt sie zwischen Problemfeld und Betrachter, verweist respektvoll auf Erlebtes, schafft Erinnerungs- und Wahrnehmungsbilder. Mein Werk soll Denkprozesse anstoßen, Facetten öffnen – eine unvollendete Geschichte."

Marwa Almbaed: „Als ich 24 war, verlor ich ein Stück meines Lebens. Der Krieg hat alles verändert. Ich will nicht, dass noch mehr Zivilistinnen und Zivilisten im Krieg sterben oder verletzt werden. Wie viele müssen noch leiden, während wir wegsehen? Der Tod und die Narben bleiben. Lasst uns gemeinsam mutig sein und sagen: Genug Krieg, die Zivilbevölkerung darf nicht den Preis dafür zahlen. Wir alle verdienen ein schönes und sicheres Leben.“

Das Mural kann jederzeit in der Augsburger Straße 585 besichtigt werden.

 

Über die Kampagne „Stop Bombing Civilians"

Explosivwaffen in Wohngebieten haben verheerende Auswirkungen. Explosivwaffen töten oder verletzen jedes Jahr zehntausende Zivilist*innen weltweit, hinterlassen verwüstete Städte in der Ukraine, im Irak, in Afghanistan, Syrien oder Jemen, im Sudan und im Gazastreifen, führen zu starken psychologischen Traumata, zu Vertreibung und Verarmung der Bevölkerung, zerstören lebensnotwendige Infrastrukturen und zerrütten das soziale und wirtschaftliche Gefüge. Wenn Explosivwaffen in bewohnten Gebieten eingesetzt werden, sind 90% der Opfer Zivilist*innen. Besonders die Flächenwirkung vieler Explosivwaffen macht ihren Einsatz in Wohngebieten verhängnisvoll. Im Jahr 2024 waren Zivilist*innen in mindestens 74 Ländern und Gebieten von Explosivwaffeneinsätzen betroffen.