Co-Preisträgerin Friedensnobelpreis

Erster Explosivwaffen-Monitor: Starker Anstieg an zivilen Opfern

Minen und andere Waffen
International

Die gemeinnützige Hilfsorganisation Handicap International (HI) und ihre Partnerorganisationen des internationalen Netzwerks INEW haben den ersten Explosivwaffen-Monitor veröffentlicht. Demnach wurden im Berichtszeitraum 2021/2022 knapp 51.000 Menschen durch Explosivwaffen getötet oder verletzt. 

Teile der Altstadt von Mossul (Irak), die stark durch den Einsatz von Explosivwaffen zerstört wurde.

Teile der Altstadt von Mossul (Irak), die stark durch den Einsatz von Explosivwaffen zerstört wurde. | © T. Nicholson / HI

Die Zahl der zivilen Opfer von Explosivwaffeneinsätzen stieg 2022 um 83 % gegenüber 2021. Dieser erhebliche Anstieg ist auf die russische Invasion in der Ukraine und den zunehmenden Einsatz von Explosivwaffen in Äthiopien, Myanmar und Somalia zurückzuführen. Der Explosivwaffen-Monitor wird künftig jährlich erscheinen.

Sechs Monate nach der Konferenz von Dublin, auf der 83 Staaten ein internationales Abkommen zur Reglementierung des Einsatzes von Explosivwaffen in Wohngebieten unterzeichnet haben, wird nun der erste umfassende Bericht veröffentlicht. 

„Die Zahl der Opfer durch Explosivwaffen ist extrem gestiegen. Diese Waffen verursachen schreckliches Leid und führen häufig zum Tod. Oftmals fügen sie ihren Opfern Verletzungen zu, die oft zu lebenslangen Behinderungen und schweren Traumata führen. Explosivwaffen zerstören Häuser, Schulen, Krankenhäuser, sodass Verletzte oft nicht einmal versorgt werden können“, unterstreicht Dr. Eva Maria Fischer, Leiterin der politischen Abteilung von Handicap International Deutschland.

Starker Anstieg an zivilen Opfern

Im Berichtszeitraum 2021/2022 wurden 50.995 Menschen durch Explosivwaffen getötet oder verletzt. Darunter waren 32.136 Zivilisten und Zivilistinnen in 71 Ländern und Gebieten. Allein im Jahr 2022 verzeichnete der Report einen Anstieg der zivilen Opfer durch Explosivwaffeneinsätzen von 11.343 auf 20,793, was eine Steigerung um 83 % im Vergleich zu 2021 bedeutet. Wenn Explosivwaffen in Wohngebieten eingesetzt werden, sind 90 % der Opfer Zivilisten und Zivilistinnen. Dieses Verhältnis ist in den letzten 10 Jahren konstant geblieben.Amina verlor durch Explosivwaffen bei der Übernahme der Taliban 2021 ihr Bein und auch ihre Mutter und zwei Schwestern.

Amina verlor durch Explosivwaffen bei der Übernahme der Taliban 2021 ihr Bein und auch ihre Mutter und zwei Schwestern. © T. Mayer/HI

Ukraine, Syrien, Irak – eine lange Liste von betroffenen Ländern

Die humanitären Folgen sind enorm. Städte wie Mossul (Irak), Rakka (Syrien), Mariupol (Ukraine) und Hodeida (Jemen), aber auch kleine Dörfer wurden in den letzten Jahren durch schwere Artillerie zerstört oder beschädigt. Dies führte zu Flucht und Vertreibung, tötete und verletzte zahlreiche Zivilist*innen, zerstörte wichtige Infrastrukturen und zerrüttete das soziale und wirtschaftliche Gefüge. Große Flächen sind mit nicht-explodierten Kriegsresten verseucht, die auf Jahre hinaus Leben gefährden werden. 

Was ist der Explosivwaffen-Monitor? 

Die Initiative Explosivwaffen-Monitor wurde im Jahr 2022 gegründet. Er setzt sich aus Mitgliedern des Internationalen Netzwerks für Explosivwaffen (INEW) zusammen, darunter auch Handicap International, Action on Armed Violence (AOAV) und Insecurity Insight, die die wichtigsten Beiträge zu dem Bericht liefern. „Durch die Bereitstellung von Informationen und Analysen wollen wir weiterhin Druck auf die Staaten ausüben, damit sie konkrete Strategien und Maßnahmen zur Einschränkung des Einsatzes von Explosivwaffen in Wohngebieten umsetzen und Nichtunterzeichnerstaaten dazu bewegen, dem internationalen Übereinkommen beizutreten“, unterstreicht Fischer. Der Monitor enthält Informationen über:

  • Vorfälle, bei denen Explosivwaffen eingesetzt wurden und Opfer forderten.
  • Vorfälle von Explosivwaffeneinsätzen, die den Zugang zu Hilfe, Bildung und Gesundheitsversorgung beeinträchtigen.

Was sind Explosivwaffen?

Explosivwaffen bezeichnen verschiedene Munitionsarten wie Mörsergranaten, Raketen, Artilleriegranaten und unkonventionelle Sprengvorrichtungen (Sprengfallen). Auch Landminen, die durch das Ottawa-Abkommen seit 1999 verboten sind, sowie Streubomben, deren Einsatz durch die Oslo-Konvention von 2008 ebenfalls untersagt sind, gehören dazu.

Der komplette Explosivwaffen-Monitor 2022 in englischer Sprache ist hier abrufbar.

Hier finden Sie ein Faktenblatt zu EWIPA. 

24 April 2023
Einsatz weltweit:
Helfen
Sie mit

Lesen sie weiter

Gaza: Eine Prothese mitten im Krieg
© K. Nateel / HI
Minen und andere Waffen Nothilfe Rehabilitation und Orthopädie

Gaza: Eine Prothese mitten im Krieg

Malak ist erst neun Jahre alt und hat in Gaza Schreckliches erlebt: Bei einem Luftangriff auf die Schule, in der sie mit ihrer Familie Schutz gesucht hatte, wurden ihre Eltern und drei Brüder getötet. Malak selbst wurde schwer verletzt, ihr rechtes Bein musste oberhalb des Knies amputiert werden. Seit der Operation kümmern wir uns um Malak und konnten ihr sogar schon eine Prothese anpassen.

Äthiopien: Und plötzlich explodierte ein Sprengkörper
© Halefom Bale / HI
Minen und andere Waffen Rehabilitation und Orthopädie

Äthiopien: Und plötzlich explodierte ein Sprengkörper

Mehari Amare Tadele ist 36 Jahre alt, Vater von vier Kindern und hat eine Metallwerkstatt. Beim Sortieren von Teilen explodierte plötzlich ein Sprengkörper. Mehari verlor sein linkes Auge, eine Hand und seinen Job, die einzige Einkommensquelle. Doch unsere Teams in der Region Tigray unterstützten den jungen Familienvater medizinisch und psychologisch und halfen beim Wiederaufbau seines Geschäfts.

Ukraine: „Streumunition ist etwas Grauenvolles“
© C. Wright / ICBL-CMC / HI
Minen und andere Waffen

Ukraine: „Streumunition ist etwas Grauenvolles“

Herr Volodymyr (59) aus Charkiw wurde bei einem russischen Angriff mit Streumunition schwer verletzt. Im Krankenhaus entfernten Ärzte ihm über ein Dutzend Splitter ohne Betäubung. Bis heute lebt er mit den Folgen der Explosion und der Angst, sein Bein könnte amputiert werden. Streumunition hinterlässt nicht nur sofortige Zerstörung – ihre grausamen Folgen begleiten die Betroffenen ein Leben lang.