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Syrien: Minen in verlassenen Dörfern – Osamas Geschichte

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Deutschland International

Die Rückkehr in ein syrisches Dorf kann lebensgefährlich sein. Das musste auch der 22-jährige Osama Hussein erfahren. Als er ein verlassenes Haus betrat, trat er auf eine Mine – und verlor dabei sein Bein. In Rakka und in vielen Regionen Syriens lauern Landminen und explosive Kriegsreste – in Häusern, auf Feldern, am Straßenrand. Diese unsichtbaren Gefahren töten, verletzen und verstümmeln.

Ein Mann liegt auf einem einfachen Bett. Sein eines amputiert und verbunden. Er schaut ernst.

Die langen Folgen des Krieges: Osamas Geschichte ist leider kein Einzelfall. | © HI

In einem ruhigen Dorf im Unterbezirk Al-Karama arbeitete Osama als Tagelöhner, um seine Frau und ihre zwei kleinen Kinder – drei Jahre und ein Jahr alt – zu ernähren. Im April 2025 half er einem Freund, ein leerstehendes Haus im nahegelegenen Al-Jadidat zu säubern. „Ich ging voran – und als ich die Tür öffnete, explodierte die Mine“, erzählt Osama. „Ich wurde aus dem Haus geschleudert. Als ich nach unten blickte, sah ich nur noch Blut.“
Die Explosion riss ihm das rechte Bein unterhalb des Knies ab.

Mit einem Privatwagen wurde er ins Krankenhaus gebracht, wo er notoperiert wurde. Als er das Bewusstsein wiedererlangte, war nichts mehr wie zuvor. „Ich wachte auf und sah, dass mein Bein weg war“, sagt er leise.

Die Mine zerstörte seinen Traum

Vor dem Unfall hatte Osama Hoffnung – auf ein besseres Leben, einen sicheren Job, mehr Stabilität für seine Familie. „Ich träumte davon, mein Einkommen zu verbessern, vielleicht etwas Eigenes aufzubauen“, sagt er. Heute kann er weder arbeiten noch sich selbstständig bewegen. „Ich kann nicht arbeiten, nicht springen – nicht einmal alleine auf die Toilette gehen“, sagt er mit schmerzlicher Ehrlichkeit.

Seine körperliche Verletzung ist nur ein Teil des Leids. Auch seelisch hat der Unfall Spuren hinterlassen. Die mitleidigen Blicke der Menschen in seiner Umgebung, die Hilflosigkeit – all das hat ihn tief erschüttert. „Ich hatte die Hoffnung auf ein normales Leben verloren“, sagt Osama. Und doch war da jemand, der ihn auffing: seine Familie. „Ohne sie hätte ich das Trauma nicht überstanden.“

Ein unsichtbarer Feind: Landminen

Osama ist kein Einzelfall. In Rakka und in vielen Regionen Syriens lauern Landminen und explosive Kriegsreste weiterhin an zahllosen Orten – in Häusern, auf Feldern, am Straßenrand. Diese unsichtbaren Gefahren töten, verletzen und hinterlassen oft bleibende Behinderungen. Osama kennt mehrere Menschen, die ähnliche Schicksale erlitten haben.

Heute erhält er Unterstützung von Handicap International im Nationalkrankenhaus von Rakka. Rehabilitationsmaßnahmen und Gehhilfen helfen ihm, mit der neuen Realität umzugehen. „Mit den Krücken kann ich mich wieder bewegen. Jetzt warte ich auf eine Beinprothese“, sagt er.
Sein Ziel bleibt klar: „Ich will wieder arbeiten. Am liebsten würde ich ein kleines Projekt starten, mit dem ich meine Familie versorgen kann.“

„Verliert niemals die Hoffnung“

Osama weiß, wie dunkel die Tage werden können – und trotzdem gibt er seine Hoffnung nicht auf. An andere Betroffene richtet er eine klare Botschaft:
„Verliert niemals die Hoffnung. Das Leben muss weitergehen – egal, wie schwer es ist.“

Die gewaltige Herausforderung der Minenräumung in Syrien

Die Räumung Syriens von Minen und explosiven Kriegsresten wird Jahrzehnte dauern. Der Grad der Verseuchung ist enorm. In Regionen wie Deir-Ezzor, Idlib oder Aleppo, die fast 14 Jahre Krieg hinter sich haben, ist die Lage besonders dramatisch.

Auch unter Wasser, in ländlichen Gebieten und in Städten müssen Minen beseitigt werden – denn sie blockieren den Zugang zu Wasserbrunnen, Flüssen und Feldern, die für das tägliche Überleben unerlässlich sind.

Seit dem Beginn des Konflikts sind durch Minen und Kriegsreste über 1.100 Menschen ums Leben gekommen, darunter fast 500 Kinder und Erwachsene – die Dunkelziffer dürfte weit höher liegen. Viele Menschen überleben nur schwer verletzt: Rund ein Viertel der Unfälle führte zu Amputationen. In Deir-Ezzor, wo nur ein einziges Krankenhaus existiert, ist die Lage besonders prekär.

Zwei Drittel der Explosionen ereignen sich auf landwirtschaftlich genutztem oder brachliegendem Land. Besonders gefährlich wird es, wenn Bewohner versuchen, Minen selbst zu entfernen – ohne Schutz und ohne Fachkenntnis.
 

 

31 Juli 2025
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