Jemen: Humanitäre Organisationen verurteilen Blockade
18 Hilfsorganisationen reagieren mit großer Besorgnis auf die vorübergehende Schließung der Luft-, See- und Landwege Jemens und damit die komplette Abriegelung des Landes durch die von Saudi-Arabien geführte Koalition. Die Organisationen fordern die Wiederaufnahme von humanitärer Hilfe und Klarheit über die geplante Dauer der Schließung, damit die erforderliche Versorgung bereitgestellt werden kann.
Die 8-jährige Aidi im Krankenhaus CALP in Sana'a, Jemen: Sie ist durch psychologische Traumata wie gelähmt. | © Camille Gillardeau / Handicap International
Am Montag hat die Koalition in einem Statement die temporäre Schließung des kompletten jemenitischen Gebietes angeordnet. Damit sollen Schwachstellen im Kontrollprozess behoben werden, während das Ein- und Ausführen von humanitären Lieferungen aufrechterhalten werden soll. Es wurde keine Auskunft darüber gegeben, wie lange die Schließung andauern soll oder wie die Einfuhr von humanitären Gütern sichergestellt wird.
Angesichts der akuten Nahrungsmittelknappheit und Choleraepidemie kann jede Verzögerung für den Zugang von Hilfsorganisationen das Leben von Frauen, Männern, Mädchen und Jungen im Jemen kosten.
Johan Mooij, CARE Projektkoordinator, sagt: „Wir schätzen die Zusicherungen der Koalition, dass der Zugang zum Jemen für humanitäre Mittel und Personal weiterhin geöffnet bleibt. Jedoch wurde es Hilfsschiffen in Hodeida nicht erlaubt, anzulegen. Seit dem 6. November wurde drei US-amerikanischen Flugzeugen zur humanitären Luftunterstützung die Genehmigung verweigert. Wir sind darüber sehr besorgt, weil unsere Möglichkeiten lebensrettende Hilfe aufrechtzuerhalten dadurch eingeschränkt sind. Der Jemen steht kurz vor einer Hungersnot, Cholera grassiert und die Versorgung durch öffentliche Dienste verschlechtert sich weiter.“
Dramatische Lage im Jemen
Innerhalb eines Tages sind die Preise für Treibstoff in einigen Gebieten um mehr als 60 Prozent gestiegen, weil die Menschen versuchen, auf Vorrat zu kaufen. Dabei brachen die öffentlichen Verkehrsmittel zusammen. Durch die Blockade aller See- und Landwege stockt der Nachschub an dringend benötigten lebensrettenden Medikamenten, was womöglich hunderttausende Menschen betreffen kann.
Bereits 1.200 Tonnen Lebensmittel der Vereinten Nationen und medizinische Versorgungsgüter haben sich auf dem Weg von Djibouti in den Jemen verzögert. Jede weitere Kürzung der Importe bzw. der Anstieg der Lebensmittelpreise verschärfen die massive Hungerkrise und die weitverbreitete Mangelernährung von Kindern.
Tamer Kirolos, Save the Children Projektkoordinator, erklärt: „Lebensmittel und medizinische Versorgung, die in den Jemen kommen, halten Millionen Kinder am Leben. Es war bisher bereits schwierig zu helfen – wir sind seit Jahren gezwungen, auf langsamere und längere Routen auszuweichen. Wenn der Zugang zum Jemen komplett dicht ist, selbst wenn es nur für eine Woche ist, kommt es zur Katastrophe. In diesem Alptraumszenario werden mit hoher Wahrscheinlichkeit Kinder sterben. Es ist entscheidend, dass der freie und unmittelbare Zugang zu humanitärer Hilfe und lebenswichtiger Versorgung wie Essen, Medikamente und Treibstoff genehmigt wird und alle Blockaden aufgehoben werden.“
Wenn von Seiten der Koalition weiterhin keine Klarheit geschaffen wird, bleiben für Hilfsorganisationen die beunruhigenden Fragen über den Umfang und die Dauer der Maßnahmen und deren erwartete Folgen für die Zivilbevölkerung bestehen. Wir fürchten, dass so die katastrophale humanitäre und wirtschaftliche Situation wesentlich schlimmer wird.
Außerdem kann der humanitäre Sektor die Bedürfnisse der Zivilbevölkerung nicht alleine abdecken, da wir einen funktionierenden gewerblichen Sektor, der die jemenitische Bevölkerung mit den notwendigen Gütern versorgen sollte, nicht ersetzen können
Shane Stevenson, Oxfam Projektkoordinator, fordert: „Die Koalition muss sofort Klarheit darüber schaffen, wie sichergestellt wird, dass Hilfslieferungen und der Zugang humanitärer Akteure nicht von den getroffenen Maßnahmen betroffen sind. Es ist unerlässlich, dass die Hilfe inmitten der weltgrößten humanitären Krise, mit 21 Millionen hilfsbedürftigen Menschen, nicht weiter behindert wird."
Folgende Hilfsorganisationen haben unterzeichnet:
- ACTED
- Action Contre la Faim
- ADRA
- CARE
- Danish Refugee Council
- Handicap International
- Human Appeal
- International Rescue Commitee
- Islamic Relief
- Médecins du Monde
- Norwegian Refugee Council
- Oxfam
- Première Urgence – Aide Médicale Internationale
- Relief International
- Saferworld
- Save the Children
- War Child
- ZOA