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Streubomben: Die tödliche Gefahr im Fokus

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International

Der am 29. August veröffentlichte Streubomben Monitor 2019 zeigt, dass es weiterhin weltweit Opfer durch Streubomben gibt. Anfang September fand in Genf die Konferenz der Mitgliedsstaaten des Oslo-Vertrags statt. Dieser Vertrag verbietet den Mitgliedern den Einsatz, die Herstellung, die Lagerung und Weitergabe von Streumunition. Gemeinsam mit der internationalen Kampagne CMC war HI in Genf dabei.

Eine Frau mit Beinprothese sitzt auf einem Hocker und bereitet eine Mahlzeit vor.

Auch Jahrzehnte nach dem Einsatz von Streumunition gibt es Opfer wie in Laos | © Nicolas Axelrod/HI

Auch der jährliche Bericht der CMC, der Streubomben Monitor, wurde in Genf präsentiert. Der Streubomben Monitor 2019 bewertet die Umsetzung des Oslo-Vertrags für den Zeitraum von Januar bis Dezember 2018. Der Bericht umfasst auch das erste Halbjahr 2019, soweit Informationen verfügbar sind. Der Streubomben Monitor wird von Experten der Internationalen Koalition gegen Streubomben CMC (Cluster Munition Coalition) erstellt. Handicap International ist Gründungsmitglied der CMC. Bis heute haben 120 Staaten den Vertrag unterzeichnet.

Viele interessante Zahlen und Fakten zum Thema Streubomben finden sie in unserem Faktenblatt.

Wichtigste Erkenntnisse des Monitors

  • Im Jahr 2018 wurde ausschließlich in Syrien der erneute Einsatz von Streubomben gemeldet: Zwischen Juli 2018 und Juni 2019 ereigneten sich in Syrien mindestens 38 Angriffe mit Streumunition. Seit Mitte 2012 hat der Monitor mindestens 674 Streumunitionsangriffe im Land registriert.
  • Der Monitor verzeichnete weltweit 149 neue Opfer von Streumunition, die entweder durch Angriffe mit diesen Waffen (65 Opfer) oder durch Unfälle mit explosiven Überresten (84 Opfer) entstanden. Dies stellt einen starken Rückgang im Vergleich zu 951 Opfern im Jahr 2016 dar.
  • 99 Prozent der Opfer des Jahres 2018 stammten aus der Zivilbevölkerung.
  • Die Mehrheit der weltweiten Opfer wurde dem Monitor zufolge erneut in Syrien registriert.  Dies ist seit 2012 der Fall. In Syrien wurden im Untersuchungszeitraum 65 Opfer von Streumunitionsangriffen und 15 Opfer von Unfällen mit explosiven Überresten aus Streubomben gemeldet. Es wird davon ausgegangen, dass die tatsächlichen Zahlen höher liegen, da die Datenerhebung in Syrien durch den begrenzten Zugang schwierig ist.
  • Bis zu 40 Prozent der Submunitionen aus Streubomben explodieren nicht beim Aufprall, wenn sie bei einem Angriff abgeworfen werden, sondern oftmals erst viele Jahre später. Im Jahr 2018 wurden in acht Ländern und einer Region Opfer von explosiven Überresten aus Streubomben verzeichnet: Afghanistan, Irak, Jemen, Laos, Libanon, Südsudan, Syrien, Ukraine und Berg-Karabach.
  • Im Jahr 2018 wies der Jemen die höchste Opferquote durch Unfälle mit Überresten von Streubomben (31 Opfer) auf. In Laos sind auch 40 Jahre nach dem Konflikt weiterhin Opfer zu verzeichnen (21 Opfer). Diese Zahlen verdeutlichen die dramatischen Folgen des Einsatzes von Streubomben, die eine schwere und langfristige Belastung mit explosiven Überresten und eine tödliche Bedrohung für die Bevölkerung darstellen.
  • 14 Mitgliedsstaaten des Oslo-Vertrags beklagen Opfer von Streumunition in ihren Ländern. Der Monitor berichtet, dass in vielen dieser Länder die verfügbaren Mittel für die Arbeit vor Ort stetig zurückgehen und somit die Versorgung mit Reha-Maßnahmen und beruflicher Wiedereingliederung erschwert werden. In vielen Ländern sind nach wie vor umfassendere Versorgungsleistungen, eine bessere Koordinierung und eine stärkere Einbettung der Maßnahmen in die nationalen Systeme erforderlich. Auch muss in mindestens drei Staaten der Zugang zu Rehabilitationsleistungen für Überlebende in abgelegenen und ländlichen Gebieten verbessert werden (Tschad, Guinea-Bissau und Irak)

Phongsavath aus Laos verlor durch die Explosion von Streumonition sein Augenlicht und seine Hände

Phongsavath aus Laos verlor durch die Explosion von Streumunition sein Augenlicht und seine Hände © Till Mayer/HI

 

Zunehmende Stigmatisierung der Waffen

Dr. Eva Maria Fischer, Leiterin der politischen Abteilung von Handicap International, begrüßt die grundsätzlich positive Entwicklung und fordert mehr Hilfe für die Opfer:

„Der Oslo-Vertrag hat große Fortschritte gemacht, wo es um den Schutz der Zivilbevölkerung vor der Gefahr durch Streubomben geht: Jedes Jahr werden Lagerbestände der Waffen zerstört und bedeutende Flächen in den verseuchten Gebieten geräumt. Darüber hinaus werden diese Waffen zunehmend stigmatisiert. Auch bei der Opferhilfe haben die Vertragsstaaten große Fortschritte gemacht. Doch die betroffenen Länder haben es nach wie vor schwer, die notwendige Versorgung der Opfer zu finanzieren. Die Überlebenden leben allzu oft unter extrem schwierigen Bedingungen.“

  • Seit der Vertrag am 1. August 2010 in Kraft getreten ist, haben 35 Mitgliedsstaaten 1,5 Millionen gelagerte Streubomben zerstört, das sind insgesamt 178 Millionen Submunitionen und 99 Prozent aller offiziell registrierten Streubomben der Mitgliedsstaaten.
  • Insgesamt sind 26 Staaten und drei Regionen weltweit mit Überresten aus Streubomben verseucht.

Streubomben sind Waffen, die mehrere hundert Minibomben enthalten, die als Submunitionen bezeichnet werden. Sie sind so konzipiert, dass sie über große Flächen verstreut werden und deshalb nie ausschließlich militärische Ziele treffen. Bis zu 40 Prozent der Submunitionen explodieren nicht beim Aufprall. Wie Antipersonenminen können sie durch den geringsten Kontakt ausgelöst werden. So töten und verstümmeln sie Menschen während und nach Konflikten.

28 August 2019
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