Arbeit am Limit
Wegen der Hitze des Tages beginnt die Arbeit schon bei Morgengrauen. Die Sonne geht auf und taucht alles in ein warmes und freundliches Licht. Der Blick unseres Minenräumungsteams schweift über ein verlassenes, friedliches Feld. Doch der Eindruck täuscht. Friedlich ist hier nichts. Vor den Männern und Frauen liegt ein Minenfeld, in der Erde lauern gefährliche Kriegsreste, die bei Explosion tödlich sein können. Ein hochriskanter Arbeitsplatz. Schon kurz nach Sonnenaufgang ist es in den schweren Schutzanzügen unerträglich heiß. Ständig schlagen die Metalldetektoren an. Jedes kleine Metallstück könnte eine Gefahr sein, muss klar identifiziert werden. Jede Bewegung muss sitzen, denn ein kleiner Fehler kann der letzte sein.
So sieht ein typischer Arbeitstag unserer Teams aus, die weltweit an der Entminung von kontaminierten Gebieten arbeiten. Ob in Laos, Libyen, Mosambik oder Kolumbien: Der Einsatz auf den Minenfeldern ist überall eine große Herausforderung. Er verlangt nicht nur Mut, Engagement und starke Nerven, sondern auch viel körperliche Kraft und Ausdauer – vermeintlich „männliche“ Stärken. Doch bei Handicap International ist Entminung keine reine Männersache. Wir sind stolz darauf, dass in unseren Teams zahlreiche starke Frauen Seite an Seite mit ihren männlichen Kollegen arbeiten. Sie sichten und entschärfen tagtäglich Minen und sorgen für Sicherheit und Entwicklungsperspektiven in ihrem Land. Es sind Powerfrauen wie Elizabeth aus dem Senegal, die täglich und aus vollster Überzeugung als Entminerinnen arbeiten:
„Der Gedanke, dass wir Minen beseitigen, die Menschen Angst machen, begeistert mich. Er gibt mir immer wieder die Kraft und den Mut, meine Aufgabe zu Ende zu bringen. Wir können mit unserer Arbeit das Leben der Menschen hier wirklich verändern.“
Elizabeth, Entminerin im Senegal
Wenn jede Handlung über Leben und Tod entscheidet - Elizabeth bei einer Entminung © J-J. Bernard / Handicap International
Egal ob für Mann oder Frau: Minenräumung ist eine physische und mentale Herausforderung. Jede Unachtsamkeit kann eine Mine zum Explodieren bringen. Schwere Schutzanzüge sind deshalb Pflicht. Mit Metalldetektoren, Astscheren und Pinseln durchkämmen unsere Teams jeden Quadratmeter der verminten Gebiete. Frauen sind auf dem Feld stark und ausdauernd. Die gemischten Teams profitieren zudem von ihrer Geduld und gewissenhaften Arbeitsweise.
Für unsere tapferen Frauen und Männer bleibt noch viel zu tun, denn weltweit lauern in rund 60 Ländern immer noch Millionen von Sprengkörpern unter der Erde. Sie liegen in militärischen Sperrgebieten und in entlegenen Wäldern. Sie warten aber auch in der Nähe von Schulen, inmitten von Feldern oder abseits von Straßen auf ihre Opfer. So bedrohen sie nicht nur das Leben der Bevölkerung, sondern hemmen auch die Entwicklung der gesamten Region. Der Weg zu einer Welt ohne Minen ist noch weit. Das Beispiel Mosambik zeigt uns aber, dass harte Arbeit auch Früchte trägt.
Erfolgsgeschichte Mosambik: Frauen an vorderster Front
Nach jahrzehntelangem Unabhängigkeits- und Bürgerkrieg galt das afrikanische Mosambik als eines der am stärksten verminten Länder der Welt. Handicap International war seit 1998 eine der wichtigsten Organisationen bei der Minenräumung im Land. 2010 starteten wir in Mosambik eine große Rekrutierungskampagne, um die Entminung voranzutreiben. Dabei bewarben sich auch viele Frauen. Sie waren hochmotiviert, besonders sorgfältig – und die Arbeit im vier Kilo schweren Schutzanzug bei brütender Hitze erledigten sie genauso konzentriert wie ihre männlichen Kollegen. Einige weibliche Entminerinnen entschieden sich sogar gegen den Widerstand ihrer eigenen Familie für den Einsatz.
„Im Radio habe ich gehört, dass Handicap International Entminer ausbildet und dass auch Frauen die Ausbildung machen können. Ich habe nicht eine Sekunde gezögert! Ich habe mich sogar gegen den Willen meines Vaters gestellt, der diesen Beruf viel zu gefährlich findet.“
Alberta, Entminerin aus Mosambik
Albertas Einsatz hat sich gelohnt, denn seit September 2015 ist Mosambik offiziell minenfrei und kann optimistisch in eine sicherere Zukunft blicken. Wir freuen uns gemeinsam mit der Bevölkerung über diesen unglaublichen Erfolg. Der Einsatz in Mosambik bestätigt uns: Ohne das Engagement und den Mut vieler Frauen wäre es uns nicht gelungen, 16 Millionen Quadratmeter zu räumen und dabei 6.000 Anti-Personen-Minen und 5.000 explosive Kriegsreste zu zerstören.
Heldinnen des Alltags - Dank tapferer Frauen wie Elizabeth und Alberta schöpfen viele Menschen wieder Hoffnung auf mehr Sicherheit im täglichen Leben © J-J. Bernard / Handicap International
Unser Ziel: Eine Welt frei von Minen
Der weltweite Kampf gegen Minen ist noch lange nicht beendet. So bedrohen z.B. in Laos noch Millionen von Sprengkörpern die Zukunft des Landes. In Kolumbien bahnt sich nach einer jahrzehntelangen Krise endlich die Möglichkeit an, Minen im großen Stil zu räumen. In Syrien ist jetzt schon absehbar, dass der aktuelle Konflikt Millionen von explosiven Kriegsresten hinterlassen wird. Doch die internationale Staatengemeinschaft möchte den Kampf gewinnen. Während einer Konferenz 2014 in Maputo, Mosambik, gab sie das Ziel aus, dass die Welt bis 2025 frei von Minen sein soll. Gemeinsam mit der Internationalen Kampagne für das Verbot von Landminen leisten wir unseren Teil, um diese Mammutaufgabe zu erledigen. Unsere Teams vor Ort sind bereit, doch sie können diesen Weg nicht alleine gehen. Sie brauchen die Unterstützung unserer Spenderinnen und Spender. Für effektive Entminungsprojekte benötigen wir öffentlichkeitswirksame Rekrutierungskampagnen, professionelle Ausbilder, kontinuierliche Weiterbildung, das geeignete Equipment und die besten Entminerinnen und Entminer.
Unterstützen Sie den Einsatz der starken Frauen und Männer! Spenden Sie für ihre Arbeit und helfen Sie, die Welt von Minen zu befreien!