Co-Preisträgerin Friedensnobelpreis

Vorsicht – Minengefahr! Risikoaufklärung schützt die Bevölkerung

Landminen, Streumunitionen, andere explosive Waffen, Gewehre, andere leichte Waffen – nicht alles, was im Krieg angewendet wird, wird auch aufgebraucht. Tausende Waffen bleiben liegen. Während dem Krieg und Jahrzehnte danach. Oft weiß die Bevölkerung von diesen Gefahren nichts – und eine sichere Räumung ist nicht schnell möglich. Hier hilft nur die sofortige Risikoaufklärung und das Vermitteln der richtigen Verhaltensweisen. Erst später können die Minenräumteams anrücken und ihre Arbeit beginnen.

Ein Mitarbeiter von Handicap International ist umzingelt von Kindern, die er mit bilderreichen Broschüren über die Gefahr von explosiven Kriegsresten aufklärt.

Kinder bei einer Aufklärungssession in der Schule, Libyen. | © Till Mayer / Handicap International

Aktuelle und vergangene Kriege hinterlassen unzählige Kriegsreste, die die Menschen tagtäglich in Gefahr bringen – während und nach einem Konflikt. Dazu zählen Anti-Personen-Minen, Blindgänger aus Streubomben und Granaten, also explosive Waffen, die noch jahrzehntelang aktiv bleiben und bei der kleinsten Berührung explodieren können. Häufig geraten außerdem leichte Waffen wie Gewehre und Pistolen in Umlauf. In Libyen wurden zum Beispiel bei den monatelangen Kämpfen 2011 ganze Waffenlager geöffnet und nicht mehr überwacht. Die Zivilbevölkerung hatte auf einmal Zugriff auf Tausende Waffen – und wusste nicht, wie man diese benutzt. Die Anzahl der Verletzungen ist seither drastisch angestiegen.

Video: Handicap International hat in Libyen zehntausende Kriegsreste und Waffen zerstört. Wir haben unser Team bei der Sprengung einer Granate auf einer Farm begleitet.

Explosive Kriegsreste unterscheiden nicht zwischen zivilen und militärischen Zielen. Die versteckten Gefahren lauern überall, ob in Wohngebieten, auf Ackerflächen, bei Schulen oder Krankenhäusern. An wenigen Orten wird das so deutlich wie in Gaza. Kriegsreste machen den Wiederaufbau fast unmöglich, denn an vielen Orten kann der Schutt nicht weggetragen werden, weil dort Blindgänger oder Granaten lauern könnten. Die Menschen können sich nicht frei bewegen und gehen aus Unwissenheit oft hohe Risiken ein, wenn sie eigenständig versuchen, die Trümmer zu beseitigen. Kinder sind fasziniert von den metallischen Gegenständen, die sie noch nie zuvor gesehen haben. Aus Neugier spielen sie mit zurückgelassenen Munitionen und Bomben. Die Folge: Nicht nur in Gaza, sondern weltweit werden viele Kinder verletzt und auch getötet.

Wir arbeiten weltweit mit Opfern solcher Unfälle und wissen, dass die Unwissenheit ein folgenschweres Problem darstellt. Deswegen erklären wir den Menschen, wie sie sich in jeder Situation richtig verhalten: zum Beispiel keine gefundenen Munitionen oder Bomben berühren, großen Abstand halten, das Gebiet richtig markieren und schnell Hilfe verständigen.

Kobane - eine Stadt voller Trümmer: So etwas hatten unsere Teams noch nicht gesehen, als sie die syrische Stadt nach den heftigen Kämpfen von Anfang 2015 untersuchten: Der Stadtkern von Kobane ist extrem kontaminiert: Hier befinden sich auf einem Quadratmeter durchschnittlich zehn Munitionsteile, darunter Sprengsätze, die in Leichen versteckt werden (booby-trapped corpses). Lesen Sie hier unseren Bericht über Sprengsätze in Kobane.

Risikoaufklärung ist kurzfristig das Einzige, was hilft

Wenn der Krieg vorbei ist, geht der Krieg nach dem Krieg weiter. Seine Überreste sind allgegenwärtig. Landminen, nicht explodierte Streumunitionen, Granaten, Raketen – es gibt viele gefährliche Waffen. Sie zu räumen, ist ein wichtiger Bestandteil der Arbeit von Handicap International. Doch da die Räumung der Kriegsreste ein langwieriger Prozess ist, muss die Bevölkerung schnellstmöglich über die Gefahren Bescheid wissen, die von den explosiven Überresten ausgehen. Kurzfristig steht daher die Aufklärung an erster Stelle. Wir klären in unseren Projekten die umliegende Bevölkerung auf unterschiedliche Weise auf:

  • in landesweiten Plakat-Kampagnen
  • in Werbespots in Radio, TV und Printmedien
  • durch eigens eingerichtete Hotlines, bei denen gefundene Waffen und verdächtige Gegenstände gemeldet werden können
  • durch gezielte Veranstaltungen in den betroffenen Gemeinschaften

Oft rekrutieren wir Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter direkt aus den betroffenen Gemeinschaften, da sie ein besonders hohes Vertrauen genießen. Sie verteilen Broschüren, die den Menschen helfen, die gefährlichen Überreste des Krieges zu erkennen. Und sie gehen in Kindergärten und Schulen, um eine besonders gefährdete Bevölkerungsgruppe zu schützen: Kinder und Jugendliche.

Besonders gefährdet sind auch vertriebene Menschen, die in ihre Heimat zurückkehren wollen. Deshalb arbeiten unsere Teams in Flüchtlingslagern und klären dort über möglichen Gefahren auf.

Um langfristig alle Opfer zu vermeiden und ein Land oder einer Region wieder aufzubauen, ist allerdings nur die Räumung der explosiven Kriegsüberreste wirklich wirksam. So erklärte unser Mitarbeiter in Gaza, Guillaume Zerr, der das Gaza-Programm während des Konflikts 2014 leitete: „Die Frage nach explosiven Kriegsüberresten ist zentral. Sie aufzufinden und zu zerstören ist Bedingung für den Wiederaufbau. Wenn man der Bevölkerung von Gaza ermöglichen will, dass sie ihre Aktivitäten wieder aufnimmt, darf man sie nicht mit dieser Bedrohung zurücklassen.“

Helfen Sie den betroffenen Menschen mit Ihrer Spende – für unsere Projekte zur Sensibilisierung, Aufklärung, Minenräumung und Versorgung der Opfer.

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