Co-Preisträgerin Friedensnobelpreis
Rund 339 Millionen Menschen weltweit waren im Jahr 2023 auf humanitäre Hilfe angewiesen. Fachkräfte von Hilfsorganisationen und im Gesundheitswesen leisten lebenswichtige Unterstützung in Krisenregionen und geraten dabei selbst oft in Gefahr. Sie werden angegriffen, entführt, kriminalisiert, verletzt und manchmal sogar getötet. Anlässlich des Welttags der Humanitären Hilfe am 19. August veröffentlichen die NGOs Handicap International, Ärzte der Welt und Aktion gegen den Hunger einen gemeinsamen Bericht mit dem Titel „The risks we take beyond understanding – Better protecting humanitarian and health workers". Dieser schildert die Herausforderungen und wichtigsten Forderungen der humanitären Organisationen zum besseren Schutz von Helfer*innen und des Gesundheitspersonals.
Die drei Organisationen fordern die internationale Gebergemeinschaft auf, die Sicherheit des Personals bei der Finanzierung von Hilfsmaßnahmen stärker zu berücksichtigen. Außerdem fordern sie die Staaten auf, die Einhaltung des humanitären Völkerrechts und der humanitären Grundsätze zu gewährleisten.
Laut der Datenbank „Aid Worker Security Database“ wurden 2022 mindestens 439 Angriffe auf humanitäre Helfer*innen registriert. Das medizinische Personal war so viel Gewalt ausgesetzt wie seit zehn Jahren nicht mehr: 1.989 Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen und -personal wurden registriert. 232 Mitarbeitende des Gesundheitswesens wurden getötet. Rund zwanzig Länder, darunter der Südsudan, die Demokratische Republik Kongo, Myanmar und die Ukraine, sind für Mitarbeitende von Hilfsorganisationen und des Gesundheitswesens besonders gefährlich.
Obwohl gerade in Konflikte involvierte Regierungen und bewaffnete Gruppen den Menschen gemäß dem humanitären Völkerrecht und den humanitären Grundsätzen einen sicheren Zugang zu Hilfsgütern garantieren müssen, bringen sie Hilfskräfte immer wieder in Gefahr: durch gezielte Angriffe oder durch Maßnahmen, die die humanitäre Arbeit und den medizinischen Einsatz politisieren und kriminalisieren. Auf diese Weise erhöhen sie das Risiko von Gewalt und hindern die Hilfskräfte an der Umsetzung ihrer Kernaufgabe:
Lebenswichtige Hilfe und medizinische Versorgung zu leisten, die sich ausschließlich an den Bedürfnissen der betroffenen Bevölkerung orientiert.
90 % der Mitarbeitenden in der humanitären Hilfe und des Gesundheitswesens, die Opfer von Angriffen wurden, arbeiten bei lokalen Hilfsorganisationen. Sie stehen an vorderster Front und leisten dort Hilfe, wo der Bedarf am größten ist, und internationale Akteure oft keinen Zugang haben. Sie sind am stärksten dem Risiko von Angriffen und Gewalt ausgesetzt, haben aber oft nur wenige Mittel zur Verfügung. Geber und internationale Partner müssen sie unterstützen und dafür sorgen, dass lokale Hilfsorganisationen die Sicherheit ihrer Mitarbeitenden finanzieren können.
Humanitäre Organisationen müssen Strategien entwickeln, um Risiken für ihr Personal vorzubeugen und darauf zu reagieren. Sie müssen in der Lage sein, sich mit Ausrüstungen auszustatten, ihr Personal zu schulen und Mitarbeitende für das Sicherheitsmanagement einzustellen. Zudem müssen sie Evakuierungen aus Risikogebieten gewährleisten können und psychologische, finanzielle oder rechtliche Unterstützung für Mitarbeitende bereitstellen, die Opfer von Angriffen geworden sind sowie für deren Familien. Dennoch haben Organisationen Schwierigkeiten, diese Kosten finanziert zu bekommen, weshalb sie häufig für ihre Mitarbeitenden das höchste Maß an Sicherheitsschutz nicht gewährleisten können.
„Angesichts zahlreicher bewaffneter Konflikte und zunehmender Naturkatastrophen arbeiten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der humanitären Hilfe und des Gesundheitswesens in einem immer gefährlicheren Umfeld. Die humanitären Herausforderungen werden stetig schwieriger. Die oftmals lebenswichtige Hilfe kommt bei denjenigen, die sie am dringendsten benötigen, nicht an, wenn Hilfskräfte angegriffen oder bei der Arbeit behindert werden. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Sicherheit der Helfenden gewährleistet wird, damit sie den bedürftigen Bevölkerungsgruppen weiterhin Hilfe leisten können.“
Dr. Inez Kipfer-Didavi, Geschäftsführerin Handicap International e.V.
„Als Einsatzleiterin ist die Sicherheit meiner Teams ein tägliches Anliegen. Sie müssen bestmöglich begleitet werden, um ihre schwierige Aufgabe zu erfüllen: die Versorgung von Menschen in Not. Aus diesem Grund schließen wir uns anlässlich des Welttags der humanitären Hilfe den Organisationen Aktion gegen den Hunger und Handicap International an und fordern Regierungen, Geber und die humanitäre Gemeinschaft auf, die Anstrengungen der letzten Jahre fortzusetzen. Wir haben Fortschritte gemacht, aber die Bedrohungen für humanitäre Helfer, vor allem für einheimische, sind nach wie vor sehr groß. Auch das Gesundheitspersonal wird ins Visier genommen und daran gehindert, eine qualitativ hochwertige Versorgung zu leisten, was uns zunehmend Sorge bereitet."
Helena Ranchal, Leiterin Internationale Programme, Ärzte der Welt Frankreich
„Wir dürfen es nicht zulassen, dass die Zivilbevölkerung und Mitarbeitende humanitärer Organisation und des Gesundheitswesens Ziel von Angriffen und Gewalt werden. Angesichts des enormen Bedarfs an humanitärer Hilfe weltweit, appellieren wir an Regierungen und Konfliktparteien, sich an das humanitäre Völkerrecht zu halten. Wir fordern, dass jegliche Gewalt gegenüber Helferinnen und Helfer eingestellt wird, der humanitäre Zugang in Krisenregionen gewährleistet ist und Hilfsmaßnahmen nicht politisiert werden. Die internationale Gebergemeinschaft muss zukünftig bei der Finanzierung von Programmen die Kosten für Sicherheitsvorkehrungen von nationalem und internationalem Personal stärker berücksichtigen.“
Jan Sebastian Friedrich-Rust, Geschäftsführer Aktion gegen den Hunger
Download des kompletten Berichts: https://bit.ly/3KCA0I3
Download der Zusammenfassung des Berichts: https://bit.ly/3qnbWlB
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