Bewegende Geschichten aus dem Flüchtlingslager in Kakuma
HI-Pressesprecherin Huberta von Roedern ist aktuell mit der neuen HI-Botschafterin und Supermodel Nicole Atieno in deren Heimatland Kenia. Zurzeit besuchen sie das Flüchtlingslager in Kakuma. Dort begegnen sie starken Menschen mit bewegenden Geschichten und Schicksalen.
Vertrauensvoll kuschelt sich die 2-jährige Shanon Oyiela nach der Behandlung an Therapeut Simon Njenga | © Neil Thomas/HI
Rose Monday, 4 Jahre
Wenn Mutter Susan mit der kleinen Rose übt, dann verzieht sich das Gesicht der Vierjährigen. Ihre Mutter Susan Amoo aus Südsudan massiert die schlaffen Gliedmaßen, redet beruhigend auf Rose ein. HI-Physiotherapeut Dario Philip hat ihr beigespracht, wie sie die kleine Rose behandeln muss. Die Mutter macht die Übungen täglich und geht zweimal wöchentlich in die Therapie zu HI. Rose ist gelähmt, kann den Kopf nicht allein heben, kann nicht sitzen, nicht sprechen – ihren Tag verbringt sie liegend auf einer Decke; Rose ist vollkommen auf die Hilfe ihrer Mutter angewiesen.
„Ich lasse sie nicht gerne allein, aber ich muss ja Essen oder Wasser holen“, erzählt Susan leise. Sie kämpft mit den Tränen. Sie hat drei kleine Kinder - der Vater kümmert sich nicht. Sie ist dankbar für den Stuhl, den HI ihr gebracht hat – darin kann Rose üben zu sitzen.
Fotos: © Neil Thomas
Shanon
Shanon Oyiela, 2, ist eines der über 10 Kinder, die täglich im Therapiezentrum behandelt werden. Obwohl die Mutter 5 weitere Kinder zwischen 4 und 15 Jahren hat, kommt sie 3 Mal wöchentlich zur Behandlung. Die Kleine braucht viel Zeit – Zeit, die Mutter Evalin dann nicht mehr für ihre großen Kinder hat. Evalin hat gelernt, die Muskeln ihrer Tochter zu stimulieren, Shanon strahlt, lässt sich von einer Rassel ablenken. Seit 2011 leben sie schon in Kakuma, geflohen aus Südsudan.
„Nein ich will nicht zurück, schließlich habe ich die Therapeuten von HI, die sich um Shanon kümmern“, sagt sie mit Zuversicht. Shanon gehe es hier gut. Der Vater ist unlängst urplötzlich krank geworden und gestorben. Die Familie lebt von den Essenrationen, die die UN ausgibt.
Rukia
Rukia ist 7 Jahre alt, links halbseitig gelähmt und praktisch taub. Sie ist die jüngste, ein weiterer Bruder ist ebenfalls taub und bringt ihr die Gebärdensprache bei. Ihr großer Bruder Ali hat sie heute ins Zentrum gebracht. Der 18 Jährige kümmert sich rührend um Rukia.
„Sie ist meine kleine Schwester, ich helfe ihr gerne“, berichtet Ali strahlend. „Sie kann nun laufen, alleine essen. Vorher konnte sie das nicht“, sagt der schlanke junge Mann. Rukia ist seit 3 Jahren in HI-Therapie. Insgesamt sind sie 6 Geschwister. Der Vater ist weg, keiner weiß wo er ist. Geflohen sind sie wie Tausende andere aus Somalia.
Mustafa
Mustafa leidet unter epileptischen Anfällen, früher war er sehr aggressiv, guckte niemandem in die Augen, tat sich selbst oft weh. Sein Kopf ist mit Narben übersät. Seine Eltern lassen ihn nie allein, weil sie nicht wissen, ob er einen Anfall hat. Zu seiner eigenen Sicherheit wurde er zuhause oft eingeschlossen oder festgebunden. Mit Hilfe der Therapie haben die Eltern gelernt, wie sie mit Mustafa umgehen müssen, um ihn zu beruhigen. Er bekommt Medikamente, sodass die Anfälle schon weniger geworden sind. Auch die kleine Schwester Zuhura leidet unter epileptischen Anfällen. Beide können nicht in einen Kindergarten oder in die Schule gehen, da es in Kakuma keine inklusiven Einrichtungen gibt. Das wichtigste Ziel von HI ist es, diese baldmöglichst einzurichten.
Hassan
Hassan Abdulkadir, 7 Jahre, ist an den Beinen gelähmt, kann aber allein sitzen – er rutscht flink auf seinem Po über den brennend heißen Lehmboden, wenn er sich bewegen will oder nutzt seinen Rollstuhl. Therapeut Dismas Barukwindevya kommt dreimal wöchentlich nach Hause zu der Familie, die aus Somalia geflohen ist. Vater Abdulkadir Mukomwa ist HI zutiefst dankbar.
„Ich bin so froh darüber, dass sie Hassan helfen“, sagt er freundlich. Hassan kaspert während der Therapie ein bisschen herum und bringt Zwillingsbruder Hussein und die anderen beiden Geschwister zum Lachen – gleichzeitig verzieht er aber das Gesicht, wenn Dismas seine Muskeln versucht, zu stimulieren.