Die humanitäre Situation ist unhaltbar!
Ein Bericht unseres Programmleiters in Palästina, Guillaume Zerr, zu der aktuellen humanitären Situation im Gazastreifen und der Verunsicherung des Teams. Seit dem 8. Juli 2014 führt die israelische Armee Luftangriffe auf den Gazastreifen durch, während von dort Raketen Richtung Israel geschossen werden.
Natürlich sind unsere Teams besorgt, um ihre Sicherheit und um die ihrer Angehörigen...
In den ersten Tagen des israelischen Armeeeinsatzes, zeigten sich die Menschen, zu denen ich im Gazastreifen Kontakt aufnahm, noch eher resigniert über eine Situation, die sich nun schon seit zahlreichen Jahren wiederholt. Unsere Teams waren natürlich besorgt um ihre Sicherheit und die ihrer Angehörigen, doch zu Beginn war es mehr dieser ständige Kreislauf der Gewalt, der sie zu beschäftigen schien.
Doch die Angriffe haben sich intensiviert. In den letzten 48 Stunden haben wir jede Nacht mehr als 100 Raketeneinschläge gesehen. Für die Bevölkerung vor Ort sind diese Angriffe völlig wahllos. Man muss nur am falschen Ort wohnen, vielleicht im selben Wohnhaus leben wie eine Zielperson, um in Gefahr zu sein. Es gab inmitten urbaner Zonen gewaltige Explosionen, die für die gesamte Bevölkerung ein Zustand des Terrors auslösen. Am 14. Juli etwa musste einer unserer Kollegen mit seiner Frau ins Krankenhaus fahren, da sie kurz vor der Geburt stand. Er wusste, dass er sich mit dieser Fahrt großer Gefahr aussetzt. Gestern Vormittag gab es zwar für einige Stunden eine Waffenruhe, die es der Bevölkerung ermöglichte, sich mit neuen Lebensmitteln einzudecken und uns, erste Abklärungsbesuche in den Krankenhäusern durchzuführen, aber die Angriffe haben bereits wieder begonnen.
Wir beobachten die humanitäre Situation genau
Die Bombenangriffe haben uns dazu gezwungen, unsere Aktivitäten einzustellen, damit sich unsere Teams zu Hause in Sicherheit bringen und über ihre Familien wachen können. Aufgrund der Intensivierung der Einschläge können die Teams unserer lokalen Partner keine Besuche mehr bei den von ihnen betreuten Menschen mit Behinderung durchführen, darunter auch Kinder die unter einer zerebralen Lähmung leiden. Wir hoffen, dass bald ein Waffenstillstand erreicht wird, damit diese Unterbrechung in der Pflege so kurz wie möglich bleibt. Denn diese Situation ist unhaltbar, sie betrifft sämtliche Akteure des Gesundheitssystems, die bereits vor den Angriffen unter katastrophalen Bedingungen arbeiteten. Die Blockaden verwehren den Krankenhäusern ein effektives Arbeiten und die Bevölkerung hat nicht einmal Zugang zu den Gütern des dringendsten Bedarfs und den benötigten Leistungen.
Wir beobachten die Situation aus der Nähe, gemeinsam mit der Gesamtheit der humanitären Akteure, um abzuklären in welchen Bereichen wir Hilfsleistungen zur Verfügung stellen. Doch solange die Blockade anhält, stehen wir vor denselben Schwierigkeiten wie die anderen Akteure. So ist es für uns etwa sehr schwierig, medizinisches Material wie Gehhilfen in den Gazastreifen zu bringen. Wenn die Kämpfe weiter andauern, so ist es sehr wahrscheinlich, dass die bereits jetzt inakzeptable humanitäre Situation sich noch weiter verschlimmert.
Guillaume Zerr aus Jerusalem