Die Minenaktion ist ein essentieller Teil der humanitären Hilfe
Konferenz der Akteure der Minenaktion: Vom 7. bis 10. Februar fand in Genf das jährliche internationale Treffen zur weltweiten Minenaktion statt. Hier tauschen sich Geldgeber, Staaten, die sich zur Minenaktion verpflichtet haben, nationale Zentren für Minenräumung, private Unternehmen und humanitäre Entminungsorganisationen aus, präsentieren die neuesten Techniken der Minenräumung und sprechen über die Zukunftsperspektiven. Jean-Baptiste Richardier, Mitbegründer von Handicap International, war bei der Konferenz aktiv beteiligt – hier sein Beitrag.
© J.M. Vargas/Handicap International
Jean-Baptiste Richardier, Mitbegründer von Handicap International © Pascal Grappin / Handicap International
„Die Idee, sich mit Handicap International im Kampf gegen Landminen zu engagieren, ist Anfang der 90er Jahre geboren, in einem Moment, in dem das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) mit einem verzwickten Widerspruch konfrontiert war: die Rückkehr der kambodschanischen Flüchtlinge nach Thailand zu organisieren, während jedoch die Rückkehrgebiete stark von Millionen Minen und anderen Kriegslasten verseucht waren.
Die Kontroverse erreichte ihren Höhepunkt, als ein Angestellter des UNHCR - nicht ohne Mut - öffentlich bestätigte: „Ja, Kambodscha wird bestimmt eines Tages von seinen Minen befreit sein…und zwar Bein für Bein!“
Die Anfänge der humanitären Minenräumung
Die Verantwortlichen der Vereinten Nationen waren mit einer juristischen Blockade des Sitzes in New York konfrontiert und dadurch nicht in der Lage, Minenräumteams anzustellen, die aus vorhandenen militärischen Fachkräften bestanden. Deswegen baten sie Handicap International darum, die ersten 90 kambodschanischen Minenräumerinnen und Minenräumer einzustellen. Und siehe da – so begann unser Abenteuer in der humanitären Minenräumung!
Seit der Errichtung unserer Abteilung für Minenaktion hat Handicap International unablässig für eine Zusammenarbeit zwischen den größten nicht-staatlichen Entminungsorganisationen plädiert, um so unseren gemeinsamen Einfluss auf die UNO verstärken zu können. Denn zur damaligen Zeit wurde die Minenräumung noch als Bereich angesehen, der vornehmlich militärischen Einheiten vorbehalten war.
Minenaktion: ein humanitärer Einsatz
Doch die Minenaktion ist durchwegs ein essentieller Bestandteil der humanitären Aktion. Zu entminen bedeutet, zivile Bevölkerungen zu schützen und sie sowohl an den Sicherheitseinsätze als auch den darauffolgenden Entwicklungsprojekten zu beteiligen.
Natürlich bedeutet die Minenaktion auch, auf die Folgen der Kontaminierung und der Unfälle einzugehen, indem die Überlebenden, ihre Familien und Gemeinden rechtzeitige Opferhilfe erhalten. Darunter verstehe ich eine Hilfe, die nicht solange nach hinten geschoben wird, bis die Umstände als günstig gelten: bis eine Rehabilitation gemäß der anspruchsvollen Kriterien und unter Einhaltung von Qualitätsstandards möglich wäre, die unmöglich zu erfüllen sind. Die Opfer brauchen - ja haben gar ein Recht auf Nothilfe und auf die Versorgung mit Rehabilitation, und das unmittelbar in der Zeit nach dem furchtbaren Schaden, den sie erleiden mussten.
Die Rechte geltend machen
Wenn man bestätigt, dass die Minenaktion eine humanitäre Aktion ist, gilt es auch allen Parteien ins Gedächtnis zu rufen, dass die Wurzeln der Minenaktion im humanitären Völkerrecht liegen. Unser Engagement gegen Minen besteht darin, den Menschen ins Zentrum unseres Anliegens zu rücken – immer dort, wo es um Sicherheit, Schutz und Versorgung der Opfer geht.
Dies bezieht sich sowohl auf umstrittene Gebiete als auch auf zurückgelassene Schlachtfelder, die nicht von den beteiligten Kriegsparteien gereinigt wurden – ohne Rücksicht auf das hohe Risiko für Dorfbewohner und Landwirte der Umgebung, die keine andere Wahl haben, als ihre Felder für ihr eigenes Überleben zu bebauen.
Die Herausforderung in Syrien
In dieser Hinsicht stellt die syrische Krise eine riesige Herausforderung dar. Seit 2012 führt Handicap International Projekte zur Aufklärung über die Gefahren und zur physischen Rehabilitation durch. Bis zu dieser Stunde tragen wir weiterhin Daten über vermutlich gefährliche Gebiete im Süden Syriens zusammen und intensivieren unsere Kampagnenaktionen gegen den Einsatz von explosiven Waffen in bewohnten Gegenden.
Wenn es um Entminung und Aufklärung über die Gefahren von Minen geht, ist es dringend notwendig, Notfallpläne zu entwickeln, um die Rückkehr der Geflüchteten nach Syrien, aber auch der innerhalb des Landes vertriebenen Menschen, vorzubereiten, die in die verseuchten Gebiete zurückströmen werden. Die Entminung von Infrastrukturen und Straßen wird prioritär sein, sobald Friedensvereinbarungen getroffen werden. Eine der größten Herausforderungen wird die Räumung der tonnenweise herumliegenden Trümmer werden. Perfekt ausgestattete Teams werden zum Einsatz bereitstehen müssen, gleichzeitig dazu muss es eine humanitäre Hilfe in großem Umfang geben.
Sich an neue Umstände anpassen
Unsere Aktionen werden an ein komplexes und schwieriges Umfeld angepasst werden müssen, wo zivile Bevölkerungen ohne Erfahrung und ohne Ausbildung sich selbst von den Minen befreien werden – in der Hoffnung, grundlegende Angebote wie Krankenhäuser, Schulen und Märkte, aber auch religiöse Stätten, Wohnräume und ihre Felder wieder nutzen zu können.“