Gaza: Flucht ohne Medikamente
Die Zivilbevölkerung im Gazastreifen hat kaum oder gar keinen Zugang zu Nahrungsmitteln, Trinkwasser, Strom und Gesundheitsversorgung. Menschen mit Behinderung oder chronischen Krankheiten sind von der Situation besonders stark betroffen. Viele Familien mussten in aller Eile aus ihren Häusern fliehen und hatten keine Zeit, ihr Medikamente oder Hilfsmittel zusammenzusuchen.
HI-Mitarbeiterin Reham Shaheen macht sich große Sorgen um ihre Familie im Gazastreifen. | © D. De Munter / HI
Dies ist beispielsweise der Fall eines 3-jährigen Kindes mit zerebraler Lähmung, wie uns Haytham Abusabet von unserem HI-Team berichtet. Seine Familie musste ihr Haus überstürzt verlassen. Ohne seine Medikamente leidet er unter schmerzhaften Muskelkrämpfen. Oder eine ältere Frau, 67, die Diabetikerin ist. Ohne Strom gibt es keinen Kühlschrank, um ihr Insulin auf der richtigen Temperatur zu halten. Sie kann auch nicht ihre regelmäßigen Arztbesuche machen. Sharaf Al Faqawi, Mitarbeiter im HI-Team, macht sich große Sorgen um die Zivilbevölkerung:
„Die Menschen sind erschöpft und waren auch schon erschöpft, ehe der Konflikt eskalierte. Die Menschen haben keine Widerstandskraft mehr. Die Erwachsenen essen wenig oder gar nichts, um ihren Kindern etwas zu essen zu geben. Manchmal stehen sie den ganzen Tag ohne Essen da.“
Meine Familie ist am Leben, aber es geht ihnen nicht gut
Reham Shaheen vom HI-Team war gerade zu einer Schulung im Ausland, als die Grenzen geschlossen wurden. Sie hat Angst um ihre drei Kinder im Alter von 12, 10 und 4 Jahren und ihren 39-jährigen Ehemann. Am 13. Oktober floh ihre Familie aus ihrem Haus im nördlichen Gazastreifen, nachdem sie eine SMS erhalten hatte, in der stand, dass das Haus ihres Nachbarn angegriffen werden sollte. Wenige Minuten später wurde es zerstört. Sie zogen zu Rehams Schwiegervater am Rande der Stadt und nahmen nur ein paar Kleidungsstücke mit. Heute leben dort acht Familien, insgesamt 35 Personen, ohne Strom und Wasser. Zum Glück haben sie einen kleinen Generator, mit dem sie ihre Handys aufladen und Reham, die in Jordanien festsitzt, über die Lage informieren können.
„Meine Familie ist am Leben, aber es geht ihnen nicht gut. In dieser Situation kann es niemandem gut gehen. Ich mache mir Sorgen um den psychischen Zustand meiner Kinder, ganz zu schweigen von der Möglichkeit, dass sie verletzt oder getötet werden könnten.“