Hungersnot im Südsudan: Sicherstellen, dass niemand vergessen wird
Während sich die Nahrungsmittelkrise in Ostafrika verschlimmert, erfahren wir in unseren Projekten im Südsudan immer wieder die Schicksale von einzelnen betroffenen Menschen. Sie verdeutlichen noch einmal mehr, wieso die Unterstützung von besonders schutzbedürftigen Menschen in Notsituationen eine moralische Verpflichtung ist.
Uguok und Mary sind zwei Beispiele für bewegende Schicksale, die den Mitarbeitenden von Handicap International täglich begegnen | © Joseph Rasi/Handicap International
Im Jahr 2013 floh Uguok Ajang Goldit, um sein Leben fürchtend, vor den Kämpfen in Malakal im Südsudan. Wie Tausende andere suchte er Zuflucht im nächst gelegenen Standort der Vereinten Nationen, der zu einem Ort des Schutzes für die Zivilbevölkerung geworden ist[1]. Uguok ist 80 Jahre alt, alleinstehend und leidet an einer schweren Skoliose, einer angeborenen Verformung der Wirbelsäule.
Vor Ort nehmen sich humanitäre Organisationen den Bedürfnissen der Geflüchteten an, vor allem, indem sie ihnen sauberes Wasser und Nahrung zur Verfügung stellen. Doch aufgrund der Überbelegung der Camps, der harten Bedingungen und der schwer zugänglichen Infrastrukturen sind Menschen mit eingeschränkter Mobilität oder Lernschwierigkeiten immer gefährdet, ignoriert und vergessen zu werden.
Alltag in Abhängigkeit
Jetzt, wo er alles Vertraute hinter sich gelassen hat, merkt Uguok, wie schwierig seine alltäglichen Aufgaben zu meistern sind und wieviel Zeit sie in Anspruch nehmen. Besonders schwierig wird es für ihn immer dann, wenn er die weiten Wege zurücklegen muss, um seine Lebensmittelration zu bekommen. Handicap International hat ihm ein Dreirad geschenkt, mit dessen Hilfe er leichter zu den Lebensmittelverteilungen und der Gesundheitsstation gelangen kann. Letzte Woche, als unser mobiles Team für Hausbesuche in der Gegend von Malakal unterwegs war, zeigte uns Uguok die Netze, die er aus alten Säcken herstellt und verkauft, um etwas Geld zu verdienen.
Auch Mary, deren Unterkörper teilweise gelähmt ist, hat von Handicap International eine Mobilitätshilfe in Form eines Dreirads erhalten. Als sie 2013 im Camp ankam, bewegte sie sich auf ihren Händen und Schultern fort. Das bedeutete, dass sie immer abhängig von anderen war, wenn sie Lebensmittel besorgen und die Toiletten benutzen wollte. Mary erzählt, dass sich ihr Leben mit der Unterstützung von Handicap International grundlegend verändert hat:
„Jetzt kann ich endlich zur Kirche gehen, auf den Markt und sogar an unseren monatlichen Treffen über Behinderung teilnehmen, ohne kriechen zu müssen.“
Menschengemachte Krise
Der Südsudan leidet aktuell unter einer schweren Nahrungsmittelkrise. Zwei Regionen im Norden des Landes haben im Februar 2017 den Zustand der Hungersnot erklärt, was bedeutet, dass bereits Menschen aufgrund von Hunger und Krankheit sterben. Die Krise wird als von Menschen verursacht angesehen, da der bewaffnete Konflikt am Ursprung der Krise steht. Die Gewalt hat viele Leute dazu gezwungen, ihre Häuser, Ländereien und ihr Vieh aufzugeben, daher ist die landwirtschaftliche Produktion stark gefallen, und die Preise sind explodiert. Unterdessen sind zahlreiche Familien vollständig auf Lebensmittelspenden angewiesen, um überleben zu können.
Mitarbeiter von Handicap International während eines Besuches in einem Dorf in Südsudan im März 2016 © Deng Bol Malith / MTT - Mobile Theater Team
Solange sich die Nahrungsmittelkrise in der ganzen Region weiter verschlimmert, werden sich immer mehr Menschen in extrem schwierigen Situationen wiederfinden. Xavier Duvauchelle, Leiter der Programme von Handicap International in Ost- und Südafrika erklärt: „Wir müssen heute mehr denn je zuvor mit den Nothilfe-Organisationen zusammenarbeiten, um die essentielle Versorgung für Menschen zu gewähren, die Gefahr laufen, ausgeschlossen zu werden – allen voran Menschen mit Behinderung und ältere Menschen.“
[1] Ein Zufluchtsort für Menschen aus der Zivilbevölkerung, die von körperlicher Gewalt bedroht sind. Bietet nicht unbedingt das gleiche Maß an Hilfe wie ein Flüchtlingslager für Binnenvertriebene.