Internationaler Tag der Menschen mit Behinderung: Für mehr Gleichstellung
Am 13. Dezember 2006 beschlossen die Vereinten Nationen die Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung. Seitdem wurde sie von rund drei Viertel aller Staaten ratifiziert. Doch auch heute noch werden Menschen mit Behinderung mehrfach diskriminiert und ihre Rechte regelmäßig verletzt. Zum internationalen Tag der Menschen mit Behinderung am 3. Dezember fordert Handicap International deshalb erneut alle Staaten auf, ihren Verpflichtungen aus der Konvention nachzukommen und die Teilhabe aller Menschen an der Gesellschaft sicherzustellen.
Die Lebenslust, die die Mädchen bei diesem Tanz in Haiti ausstrahlen, ist ansteckend. | © William Daniels / Handicap Internationa
Große Fortschritte wurden erzielt
Die Konvention fordert, dass die volle, universelle und unteilbare Gültigkeit der Menschenrechte für Menschen mit Behinderung anerkannt wird. Seit ihrem Inkrafttreten verankern immer mehr Staaten die Gleichstellung von Menschen mit Behinderung in ihren Verfassungen.
Die Vorstellung von Behinderung als individuelle Beeinträchtigung wird immer mehr durch eine neue ersetzt: Nicht der Einzelne, sondern die Gesellschaft ist für die Barrieren verantwortlich, die die Inklusion von Menschen mit Behinderung verhindern. Die Konvention fordert die Gesellschaften deshalb auf, Formen zu finden, die menschliche Vielfalt sowie gleiche Rechte und Freiheit für alle ermöglichen. In Laos und Tunesien haben Aktivitäten solcher Organisationen beispielsweise zu einer inklusiveren Politik und einer stärkeren Inklusion von Menschen mit Behinderung in das jeweilige politische System geführt. Die zentrale Forderung der weltweiten Behindertenrechtsbewegung "nichts über uns ohne uns" muss respektiert werden: keine Entscheidung über Menschen mit Behinderung darf ohne Rücksprache mit ihnen getroffen werden.
Die Konvention hat außerdem die Rolle von Menschen mit Behinderung in globalen Entwicklungsprogrammen gestärkt: Die im September 2016 verabschiedeten Nachhaltigkeitsziele sind das erste globale Programm zur Beendigung von Armut, das Menschen mit Behinderung berücksichtigt.
Trotzdem ist noch ein langer Weg zu gehen
Noch immer werden die Rechte von Menschen mit Behinderung regelmäßig verletzt. So haben sie häufig keinen oder erschwerten Zugang zu Gesundheitsdiensten, Bildung, öffentlichem Transport oder Jobs. Viele sind Opfer wiederholter Gewalt aufgrund ihrer Behinderung, haben ein eingeschränktes Familienleben, werden zwangssterilisiert, verstoßen, entmündigt oder gezwungen, bestimmte Medikamente einzunehmen. Besonders schwer haben es Menschen mit psychischen Behinderungen oder Mehrfachdiskriminierte wie Frauen mit Behinderung. Studien zufolge werden Frauen mit Behinderung zwei- bis dreimal häufiger Opfer körperlicher Gewalt oder sexuellen Missbrauchs als Frauen, die keine Behinderung haben.
Ein Teufelskreis aus Armut und Behinderung sorgt dafür, dass Menschen mit Behinderung überdurchschnittlich arm sind. 80% von ihnen leben in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen. Hier sind explizite Programme zur Senkung der Armut notwendig. Auch bei Katastrophen sind sie häufig benachteiligt. Laut einer internationalen Studie von Handicap International von 2015 haben 75% der von Katastrophen betroffenen Menschen mit Behinderung keinen ausreichenden Zugang zu humanitärer Hilfe. Handicap International hat deshalb mit mehreren Partnerorganisationen die Charta zur Inklusion von Menschen mit Behinderung in der Humanitären Hilfe ins Leben gerufen. Bisher hat die Charta 138 Unterzeichner.
„Durch die Ratifizierung der Konvention erkennen Staaten die schwerwiegenden Diskriminierungen von Menschen mit Behinderung an und garantieren die Ausübung ihrer vollen Rechte. Staaten müssen alle notwendigen Maßnahmen hierfür ergreifen“, stellt Stefan Lorenzkowski, Fachberater Zivilgesellschaft und Behindertenverbände bei Handicap International, fest: "Wir als Zivilgesellschaft müssen Staaten dabei weiter unterstützen, weil Menschen mit Behinderung immer noch mit zu vielen Barrieren konfrontiert sind: unzugängliche öffentliche Dienste, Ausschluss von einem Leben in der Gesellschaft, Verletzung ihrer juristischen Rechte etc. Ihre Rechte sind keine „Sonder“-Rechte! Alle Menschen haben dieselben Rechte. Diese müssen ohne Ausnahme respektiert werden und das erfordert zusätzliche Maßnahmen."
Stefan Lorenzkowsi, Fachberater Zivilgesellschaft und Behindertenverbände
Handicap International hat Partnerschaften mit mehr als 400 Organisationen von Menschen mit Behinderung auf lokaler, nationaler und überregionaler Ebene gebildet. In 40 Projekten helfen wir beim Management ihrer Aktivitäten, der politischen Kampagnenarbeit sowie der Überwachung der Fortschritte, die in Bezug auf die Rechte von Menschen mit Behinderung erzielt wurden.