Co-Preisträgerin Friedensnobelpreis

Ukraine: Menschen mit Behinderung zwischen Krieg und Versorgungslücken

Nothilfe Rechte von Menschen mit Behinderung
Ukraine

In der Ukraine trifft der Krieg Menschen mit Behinderung besonders hart. Nahe der Front fehlen Ärzte und Kliniken sowie Reha-Angebote. Chronische Krankheiten müssen oftmals unbehandelt bleiben. Viele Betroffene sind auf der Flucht oder leben isoliert ohne Unterstützung. Handicap International (HI) arbeitet ununterbrochen daran, sie mit Reha-Maßnahmen und psychologischer Unterstützung zu erreichen.

Eine ältere Frau stützt sich auf ihren Rollator. Eine junge Mitarbeiterin von HI stützt sie.

Handicap International unterstützt Antonina Kolytova aus dem Osten der Ukraine regelmäßig mit Physiotherapie. | © T. Nicholson / HI

Menschen mit Behinderung werden in Kriegssituationen immer wieder vergessen, so auch in der Ukraine. In der Nähe der Frontlinien, wo fast 2.000 Gesundheitseinrichtungen bombardiert oder zerstört wurden, ist der Zugang zu medizinischer Versorgung praktisch unmöglich.

Roman Shinkarenko, Mitarbeiter von Handicap International in Dnipro, erklärt: „Ältere Menschen und Menschen mit Behinderung sind am stärksten betroffen. Viele von ihnen mussten ihr Zuhause verlassen und in andere Teile der Ukraine umziehen, wo die Einrichtungen nicht an ihre Situation angepasst sind und wo sie nur begrenzten Zugang zu Gesundheitsdiensten und Unterstützung durch Pflegekräfte haben."

Überfüllte Kliniken, unbehandelte Krankheiten

Die Teams von Handicap International stellen eine besorgniserregende Zunahme schwerer Krankheiten wie Diabetes, Schlaganfällen und Krebs fest. Krankheiten, die aufgrund der Überfüllung der Krankenhäuser für Kriegsopfer und fehlender Therapiemöglichkeiten nicht vorrangig behandelt werden können.


Auch die psychischen Belastungen der Betroffenen sind enorm. „Die Zivilbevölkerung lebt in ständiger Unsicherheit“, sagt Diana Turchyn, Expertin für psychische Gesundheit und psychosoziale Unterstützung bei Handicap International in Charkiw. 


Für die Menschen in der Ukraine ist es schwierig in die Zukunft zu blicken, eine Zukunft aufzubauen, wenn sie nicht wissen, was von einer Minute auf die andere mit ihnen geschehen wird.

Humanitäre Hilfe trotz erschwerter Bedingungen

Trotz der schwierigen Lage vor Ort konnte Handicap International seit 2022 fast 13.000 Rehabilitationsmaßnahmen für über 4.000 Menschen durchführen. Die Unterstützung umfasst Physiotherapie, aber auch psychologische Hilfe, um den seelischen Druck durch Kriegstraumata zu lindern.


HI organisiert zudem Selbsthilfegruppen für die am stärksten vom Krieg betroffenen Menschen, um ihnen zu helfen, ihre Traumata (angesammelter Stress, Trennung, Vertreibung, Trauer) zu bewältigen, ihre Gefühle zu teilen, Beziehungen aufzubauen und ihre Widerstandsfähigkeit zu stärken. Seit 2022 haben wir über 2.500 Gruppen- und Einzelsitzungen durchgeführt.

Winter verschärft die Lage

Mit dem Winter verschlechtert sich die Situation weiter. Ohne Strom, Gas oder Heizung kämpfen Tausende ums Überleben. Allein im September wurden 30 Bombenanschläge auf Energie-Infrastrukturen verzeichnet, was den Zugang zu Heizung und Strom für viele unmöglich macht. Tausende von Menschen in der Ukraine sind derzeit ohne Strom, Gas oder Wasser und haben kaum Zugang zu Lebensmitteln. Aufgrund der anhaltenden Bombardierungen sind diese Menschen in schwer zugänglichen Gebieten nahe der Frontlinie praktisch von der Außenwelt abgeschnitten.

Einsatz weltweit:
Helfen
Sie mit

Lesen sie weiter

DR Kongo: Wie Divin wieder spielen lernte
© E. N'Sapu / HI
Nothilfe

DR Kongo: Wie Divin wieder spielen lernte

Auf der Flucht vor Krieg in ihrer Heimat haben Ladislas und seine Familie alles verloren: ihr Zuhause, seine Arbeit – und beinahe die unbeschwerte Kindheit ihres Sohnes Divin. Mangelernährung schwächte den kleinen Jungen so sehr, dass er kaum noch sprach oder spielte. Heute lacht Divin wieder. Dank der Spieltherapie von Handicap International (HI) entwickelt er sich jetzt wie ein gesundes Kind.

Gaza: Sanaa - Ein Baby, das vergeblich auf Essen wartete
© HI 2025
Nothilfe

Gaza: Sanaa - Ein Baby, das vergeblich auf Essen wartete

*Triggerwarnung: Tod eines Kindes*

 

Vor zwei Wochen verhungerte die einjährige Sanaa. Der Reha-Spezialist Haytham Abu Hadroos erzählt uns ihre Geschichte. Sie ist ein schreckliches Beispiel für die verzweifelte humanitäre Lage in Gaza und die Auswirkungen der von Menschen verursachten Hungersnot.

Nach UN-Kürzungen: Viele Flüchtlinge mit Behinderung hungern
© HI
Nothilfe

Nach UN-Kürzungen: Viele Flüchtlinge mit Behinderung hungern

In Uganda wird eine vergessene humanitäre Krise immer dramatischer – Tausende geflüchtete Menschen mit Behinderungen bekommen keine Nahrungsmittelhilfe mehr, da das Welternährungsprogramm (WFP) seine Mittel massiv kürzen musste. Unsere Teams haben 1.280 Flüchtlinge mit Behinderung in acht Lagern befragt, ob sie noch mit Lebensmitteln unterstützt werden – die Ergebnisse sind tragisch.