Co-Preisträger Friedensnobelpreis

Krise im Kongo: „Tagelang ohne Schlaf, ohne Essen – mit ständiger Angst vor Angriffen“

Nothilfe
Demokratische Republik Kongo

Mehr als zwei Millionen Menschen sind bisher von der humanitären Krise in der Region Grand Kasaï in der Demokratischen Republik Kongo betroffen. Handicap International hat mehrere Nothilfeexperten losgeschickt, um das Team vor Ort zu verstärken. Sulu Bellarmin arbeitet als Fahrer und Logistik-Assistent für Handicap International. Er berichtet von der aktuellen Situation in Kasaï.

Sulu Bellarmin arbeitet als Fahrer und Logistik-Assistent für Handicap International

Sulu Bellarmin arbeitet als Fahrer und Logistik-Assistent für Handicap International und berichtet über die Situation in der Region Grand Kasaï. | © Handicap International

Wie beeinflusst diese Krise die Menschen vor Ort?
Es herrscht ein starkes Klima der Unsicherheit: Menschen werden ermordet und vergewaltigt, ihre Häuser werden zerstört oder geplündert. Jeder lebt in ständiger Angst. Tausende Menschen wurden vertrieben, einige sind bei Verwandten untergekommen, andere leben in Notlagern in ländlichen Gegenden. Was die wirtschaftliche Lage angeht: Die Eisenbahn, die früher Lebensmittel in die Stadt Kananga brachte, ist nicht mehr in Betrieb, und die Preise sind explosionsartig angestiegen. Wegen der Unsicherheit sind die Händler nicht mehr mit dem Fahrrad unterwegs, um ihre Lebensmittel an Familien zu verkaufen. Es gibt einen schwerwiegenden Engpass bei Medikamenten, Nahrungsmitteln und dringend benötigten Hygieneprodukten. Die Lage ist kritisch.

Inwiefern ist auch Ihre eigene Familie betroffen?
Meine Familie und ich sind sehr schwer von der Krise betroffen. Wir haben vorher noch nie einen Konflikt erlebt, in dem von allen Seiten auf einen geschossen wird. Wir mussten tagelang ohne Essen und ohne Schlaf auskommen und hatten immer Angst, dass unsere Nachbarschaft angegriffen werden könnte. Unsere Wohngegend ist jeden Tag menschenleerer geworden. Jetzt sind wir auch in ein kleineres, teureres Haus umgezogen, in dem wir relativ sicher sind. All das beunruhigt uns sehr.


Wie sind die Arbeitsbedingungen jetzt?
Wir stehen alle unter hohem Druck und arbeiten in einer angespannten Situation. Ich bin seit Beginn des Nothilfeeinsatzes unterstützend in der Logistik tätig – für Beschaffungen, Unterkünfte und die Suche nach Lieferanten – und ich arbeite auch noch als Fahrer. Handicap International setzt Nothilfemaßnahmen um, die den Opfern der Krise helfen, besonders durch rehabilitative Versorgung für Opfer und durch den Transport von humanitären Gütern in abgelegene Gegenden. Es gibt mir ein wenig mehr Ruhe zu wissen, dass ich den schutzbedürftigsten Menschen helfe. Das ist mir ein wichtiges Anliegen.

 


Handicap International in Kasaï
Handicap International ist seit 2015 in Kasaï vor Ort und hat ein zusätzliches Team von zunächst drei Nothilfeexperten entsendet, um den Einsatz in der Krise zu verstärken. Handicap International leistet Versorgung mit Rehabilitation, verteilt Mobilitätshilfen (Rollatoren, Rollstühle etc.) und bietet psychologische Unterstützung für Opfer an. Derzeit analysieren wir die Lage für die Opfer von Gewalt, um diese besser schützen zu können. Weiterhin schulen wir andere Organisationen darin, besonders schutzbedürftige Menschen ausfindig zu machen. Zudem helfen wir beim Transport humanitärer Hilfsgüter für Menschen in schwer zugänglichen oder gefährlichen Gebieten . Außerdem planen wir Verteilungen von Lebensmitteln und dringend benötigten Haushaltsgegenständen, wie beispielsweise Kochutensilien und Hygienesets.für tausende geflohene Familien.

 

16 Juni 2017
Einsatz weltweit:
Helfen
Sie mit

Lesen sie weiter

Eskalation der Gewalt im Libanon: Wir bauen unsere Hilfe aus
© Mahmoud ZAYYAT / AFP
Nothilfe

Eskalation der Gewalt im Libanon: Wir bauen unsere Hilfe aus

Die humanitäre Krise im Libanon spitzt sich weiter zu: Massive Bombardierungen fordern Hunderte Todesopfer und verletzen Tausende. Handicap International (HI) verurteilt die Angriffe und setzt sich unermüdlich für die Unterstützung der Betroffenen ein. Besonders Menschen mit Behinderung sind stark betroffen. Wie wir helfen und welche Herausforderungen vor uns liegen, erfahren Sie hier.

Cox´s Bazar - Ajida schafft es nun ganz alleine!
© M. Monier / HI
Inklusion Nothilfe Rehabilitation und Orthopädie

Cox´s Bazar - Ajida schafft es nun ganz alleine!

Ajida aus Bangladesch ist 12 Jahre alt und hat seit ihrer Geburt Zerebralparese. Lange Zeit konnte sie weder stehen noch gehen. Die oft schlammigen Wege im Flüchtlingslager Cox‘s Bazar waren für sie unüberwindbare Hindernisse. Doch dank viel Physiotherapie, einer Gehhilfe und einer von Handicap International gebauten Rampe kann sie nun selbständig zur Schule gehen.

Mohamed aus Gaza: „Werde ich je wieder gehen können?“
© HI
Nothilfe Rehabilitation und Orthopädie

Mohamed aus Gaza: „Werde ich je wieder gehen können?“

Eigentlich wollte Mohamed Ende Februar nur nach Brennholz suchen – direkt neben seinem zerstörten Haus in Gaza. Doch plötzlich knallte es im Nachbarhaus, und er wachte im Krankenhaus wieder auf – sein linkes Knie war zertrümmert, die Schmerzen unerträglich, seine Verzweiflung groß. Die erste Operation scheiterte, doch dann begann das HI-Team mit den ersten Reha-Maßnahmen.