Co-Preisträger Friedensnobelpreis

Madagaskar: Humanitäre Notlagen durch Klimawandel

Nothilfe
Madagaskar

Extreme Wetterereignisse haben immer wieder verheerende Auswirkungen in Madagaskar. Handicap International baut den Katastrophenschutz aus und erarbeitet Maßnahmen, um die Folgen abzumindern und um besonders gefährdete Gruppen, wie Menschen mit Behinderung, einzubeziehen.

Das Haus von Joséphine in Antanambao in Madagaskar wurde von dem Zyklon komplett zerstört.

Das Haus von Joséphine in Antanambao in Madagaskar wurde von dem Zyklon komplett zerstört. | ©HI

Madagaskar ist eines der am stärksten von Naturkatastrophen betroffenen Länder der Welt - nicht zuletzt aufgrund der Folgen des Klimawandels. Häufige Überschwemmungen, tropische Wirbelstürme und Dürren haben verheerende Auswirkungen auf die Bevölkerung und die humanitäre Situation auf der gesamten Insel. Der Klimawandel wird voraussichtlich im Laufe der Zeit sowohl die Häufigkeit als auch die Stärke extremer Wetterlagen weiter negativ beeinflussen.

Überflutungen und Dürre gleichzeitig

Die jährliche Zyklon-Saison in Madagaskar dauert von November bis März. Während dieser Zeit werden mindestens ein oder zwei Wirbelstürme erwartet, die schwere Regenfälle, Wind, Überschwemmungen und einen Anstieg des Meeresspiegels verursachen. Allein Anfang 2022 wurde das Land von fünf tropischen Stürmen heimgesucht, darunter zwei starke Zyklone, die im Abstand von nur zwei Wochen auftraten und Verwüstungen hinterließen. Rund 420.000 Menschen waren insgesamt betroffen. In der Zeit nach den Stürmen hatten viele Familien keinen Zugang zu Essen, Trinkwasser, Strom, Unterkünften oder Hygieneartikeln. Durch die Überflutung von Reisfeldern gingen in einigen Gebieten bis zu 90% der Nahrungsmittelproduktion verloren.

Während die nördlichen und östlichen Regionen des Landes mit Überschwemmungen und starken Regenfällen zu kämpfen hatten, erlebte der Süden die schlimmste Dürre seit 40 Jahren. Nach mehreren Jahren mit unterdurchschnittlichen Niederschlägen als Folge des Klimawandels sind rund 1,5 Millionen Menschen in der Region nun einer drohenden Hungersnot ausgesetzt.

Besonders gefährdet

Solche dramatischen meteorologischen Ereignisse führen zu einem Teufelskreis. Madagaskar ist eines der ärmsten Länder der Welt, was die Bevölkerung in Krisenzeiten noch verwundbarer macht. Bei drohenden Hungersnöten oder Naturkatastrophen sind viele gezwungen, ihr Hab und Gut zu verkaufen oder ihre Kinder aus der Schule zu nehmen.

Die am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen wie ältere Menschen, Schwangere, Menschen mit Behinderung und Angehörige von Minderheiten bleiben oft in den betroffenen Regionen zurück, da viele es sich nicht leisten können, zu fliehen oder nicht über die nötigen Mittel wie Informationen oder Transportmittel verfügen.

Folgen verringern

„200 Todesfälle in diesem Jahr sind natürlich 200 zu viel", sagt Olivier Benquet, HI-Projektkoordinator für Madagaskar. „Aber es gibt auch eine gute Nachricht. Angesichts des Ausmaßes dieser Katastrophen ist das eine relativ niedrige Zahl. Das ist das Ergebnis eines verbesserten Katastrophenschutzes".

Olivier Benquet erklärt: „Wir können weder den Wind noch die Regenfälle verhindern. Aber wir können verhindern, dass Naturereignisse zu Naturkatastrophen werden, indem wir vorhersagen, wo sie auftreten könnten, ihre Auswirkungen auf Leben und Lebensgrundlagen vorhersehen und rechtzeitig handeln, um die Gemeinden vorzubereiten."

Handicap International führt seit Jahren Projekte zur Verringerung des Katastrophenrisikos in der ganzen Welt und speziell in Madagaskar durch. Um die Menschen besser auf Klimaschocks vorzubereiten, schärfen wir das Risikobewusstsein, führen Überwachungs- und Frühwarnsysteme ein und unterstützen die Menschen dabei, ihr Leben nachhaltiger zu gestalten.

Inklusive vorausschauende Maßnahmen

„Mit der heutigen Technologie und den meteorologischen Vorhersagen können wir einen Wirbelsturm frühzeitig erkennen", erklärt Benquet. „Dann können wir unsere Teams in die Zielgebiete schicken, Vorräte lagern, Gemeinden warnen, Menschen evakuieren usw. Wir wissen, dass diese Ereignisse immer häufiger auftreten werden und wir müssen uns dem anpassen.“

Im Januar 2022 startete HI ein neues Projekt zur Risikominimierung in drei Ländern, die anfällig für Naturkatastrophen sind: Madagaskar, Haiti und die Philippinen. Dort entwickeln wir eine Strategie für frühzeitige Maßnahmen, um potenzielle Auswirkungen abzumildern. Im Rahmen des Projekts wird Handicap International Studien durchführen, um die Risiken für gefährdete Bevölkerungsgruppen besser zu verstehen. Wir führen zudem Simulationsübungen durch, um die Inklusion der besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppen in die Hilfsmaßnahmen zu gewährleisten.

Allein in Madagaskar kommt das Projekt fast 330.000 Menschen zu Gute. In Haiti werden über 200.000 und auf den Philippinen weitere 200.000 Menschen davon profitieren.

 

 

 

8 April 2022
Einsatz weltweit:
Helfen
Sie mit

Lesen sie weiter

"Wäre ich in meiner Hütte geblieben, wäre ich jetzt tot"
© HI 2023
Nothilfe

"Wäre ich in meiner Hütte geblieben, wäre ich jetzt tot"

Zyklon Mocha ist am 14. Mai über weite Gebiete in Bangladesch und Myanmar hinweggefegt. Besonders schlimm hat es das Flüchtlingslager in Cox’s Bazar getroffen. Unsere Teams hatten vorher rund um die Uhr gearbeitet, um möglichst viele Menschen mit Behinderung rechtzeitig zu evakuieren. Nun begutachten wir die Schäden, um möglichst schnell vor allem denjenigen zu helfen, die alles verloren haben.

Rema: Ich lag 30 Stunden unter den Trümmern
© HI
Nothilfe Rehabilitation und Orthopädie

Rema: Ich lag 30 Stunden unter den Trümmern

Die 13-jährige Rema hat das Erdbeben in Syrien überlebt. Sie lag 30 Stunden unter den Trümmern. Schließlich wurde ihr Bein an Ort und Stelle amputiert, um sie zu befreien. Hier erzählt sie ihre Geschichte:

Erdbebengebiet in Syrien: Blindgänger und Minen unter dem Schutt
© HI
Nothilfe

Erdbebengebiet in Syrien: Blindgänger und Minen unter dem Schutt

Syrien ist stark mit Landminen und Bombenresten verseucht. Diese liegen insbesondere im Nordwesten, dort, wo die Konflikte seit Jahren anhalten und dort, wo das Erdbeben die Region erschütterte. Die Gefahr für Familien und humanitäre Einsatzkräfte ist hoch. Unsere Spezialist*innen informieren Hilfskräfte, klären in Notunterkünften auf, verteilen Flugblätter und gehen von Haus zu Haus.