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Samira: ein Schritt nach dem anderen

Rehabilitation und Orthopädie
Bangladesch

Das Leben in den überfüllten Flüchtlingscamps ist für Rohingya-Flüchtlinge, die aus ihrer Heimat Myanmar nach Bangladesch geflohen sind, kein einfaches - ganz besonders für Kinder wie Samira, die mit einer Behinderung leben. Um diese Kinder kümmern sich die mobilen Teams von Handicap International, die mit Physiotherapie und weiteren Maßnahmen das Leben der Betroffenen und ihrer Familien erleichtern.

Die kleine Samira ist aus ihrer Heimat Myanmar nach Bangladesh geflohen.

Die kleine Samira ist aus ihrer Heimat Myanmar nach Bangladesh geflohen. | © Abir Abdullah/HI

In einer Ecke ihrer kleinen Hütte ist die zehnjährige Samira mit ihrer Schminktasche zugange. Beim Blick in den Spiegel fallen schwache Sonnenstrahlen auf ihr Gesicht und zeigen purpurrot angemalte Wangen, die das kleine Mädchen mit ihrer eigenen Mischung aus Gesichtspudern geschminkt hat. Nun ist Samira bereit, zum Spielen rauszugehen. Sie lebt im Flüchtlingscamp Teknaf in Bangladesch. Spielen ist keine einfache Aufgabe, nachdem sie aufgrund ihrer Behinderung, einer zerebralen Kinderlähmung, jahrelang völlig abgeschieden gelebt hatte.

Schon als sie jünger war, war es für Samira schwierig, sich aufrecht zu halten und ihren Körper normal zu bewegen. Dies führte dazu, dass sie  sich immer weniger bewegte. Ihre Mutter berichtet uns, dass Samira zuletzt die Tage im Bett verbrachte und durch die Versteifung ihrer Gliedmaßen gar nicht mehr laufen konnte. So vergingen die Tage und Monate, bis schließlich ein Team von HI an ihre Tür klopfte.

Ein Bambusgestell als Stehhilfe

Heute kann Samira wieder an ihrem selbstgebastelten Schminktisch stehen, mithilfe eines Bambusgestells, das der HI-Physiotherapeut  Mohafuzur Rahman für sie gebaut hat. „Ich habe über das Internet gelernt, wie man so etwas baut. Es war gar nicht schwer“, erzählt Mohafuzur und fügt hinzu, dass er die Familie gebeten hatte, das nötige Material zu besorgen, das er zum Bau des orthopädischen Hilfsmittels brauchte. „So habe ich Samiras Familie in den Genesungsprozess mit einbezogen“, sagt er.

Heute bindet sich Samira zweimal täglich in ihrem Bambusgestellt fest, einmal am Morgen und einmal am Abend. Dadurch kann sie mit ihrer Schminkkollektion spielen – eine ihrer Lieblingsaktivitäten. Diese Übung scheint sich zu lohnen, denn nun kann sie schon oft ohne Hilfe aufstehen. „Es macht mich so glücklich, wenn ich sehe, wie sie stehen kann und sich bewegt. Sie hat sogar angefangen, raus zu gehen“, sagt ihre Mutter lächelnd.

Mit den Krücken noch weiter

Samira hat solch gute und schnelle Fortschritte gemacht, dass Mohafuzur beschlossen hat, ihr Krücken zu geben. Doch Laufen lernen ist nicht immer so einfach. „Erst hatte ich Angst, hinzufallen“, sagt Samira. Nach mehreren Versuchen wurde Samira sicherer und schaffte ein paar erste Schritte. „Jetzt habe ich keine Angst mehr, die Krücken zu benutzen. Ich habe mich so gut gefühlt, als ich das erste Mal raus ins Freie konnte!“, freut sie sich.

Der Physiotherapeut besucht Samira regelmäßig und macht mit ihr Rehabilitationsübungen. Jedes Mal üben sie das Laufen auf Krücken. „Ich weiß jetzt, dass Mohafuzur da ist und mir hilft.“ Es ist erst zwei Wochen her, dass das Team von HI Samira entdeckt hat. Dafür ist ihr Fortschritt schon enorm, auch wenn sie sich noch in Geduld üben muss: Es geht nur ein Schritt nach dem anderen.

Das Leben im Flüchtlingscamp von Teknaf

In Teknaf leben mehr als 274.000 Flüchtlinge1 in provisorischen Zelten zusammengepfercht. Viele Familien sind schon seit Jahren hier, auch viele Kinder wurden hier geboren. Seit dem Massenzustrom von Flüchtlingen aus Myanmar im Jahr 2017 hat HI zwei mobile Teams aufgestellt und führt weitere inklusive Projekte durch, zum Beispiel das Programm Growing Together, das von der IKEA Stiftung unterstützt wird.

 

Bericht vom November 2018 der Inter Sector Coordination Group (ISCG)

8 Mai 2019
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