Tschad: „Wir mussten kriechen, um irgendwo hinzukommen“
Heute besuchen Kaltouma und Hassaneih den Markt, treffen Freundinnen und feuern ihr Team bei Fußballspielen an. Kaum vorstellbar, dass sie vor wenigen Monaten noch nicht einmal aus dem Zelt kamen. Ihre Flucht aus Darfur war brutal – doch im Flüchtlingslager Aboutengué begann für die beiden Schwestern mit Behinderung ein neuer Abschnitt.

Mit den Rollstühlen von Handicap International können sich Kaltouma und Hassaneih im Geflüchtetenlager wieder frei bewegen. | © T. Nicholson / HI
Kaltouma (35) und ihre Schwester Hassaneih (25) stammen aus der Region Darfur, die besonders stark von den Kämpfen im Sudan betroffen ist. Beide leben mit einer körperlichen Behinderung und sind sehbehindert. Als ihr Vater in den Kämpfen getötet wird, müssen sie fliehen. „Die Leute haben uns wie Gepäck auf das Dach eines Lastwagens geworfen“, erinnert sich Kaltouma. Ihre Flucht führt sie durch mehrere Camps für Binnenvertriebene. Unterwegs werden sie einmal an einem Kontrollpunkt der paramilitärischen Gruppe Rapid Support Forces (RSF) gestoppt – und ausgeraubt.
„Wir haben gesehen, wie Männer und Frauen von den RSF geschlagen wurden“, berichten die Schwestern erschüttert.
Alltag im Flüchtlingslager Aboutengué im Tschad
Nach einer schrecklichen Reise erreichen sie Adré, eine Grenzstadt im Osten des Tschad. Von dort werden sie in das Camp Aboutengué gebracht. Doch auch hier ist das Leben anfangs sehr schwer. Die Essensrationen reichen oft nicht aus. Weil sie sich kaum bewegen können, sind die beiden Schwestern wochenlang stark eingeschränkt:
„Wir mussten kriechen, um irgendwo hinzukommen.“
Erst durch die Unterstützung von Handicap International, die im Camp Rehabilitationsdienste anbietet, erhalten sie Rollstühle. Seither hat sich ihr Alltag unheimlich verändert: „Jetzt sind wir frei und glücklich“, erzählt Hassaneih. Heute besuchen sie Freunde, gehen auf den Markt oder schauen Fußballspiele im Camp: „Natürlich unterstützen wir unseren Block – Block 2!“
Ein Traum von Mode und Selbstständigkeit
Trotz vieler Rückschläge blicken die Schwestern nach vorn. „Unser Traum ist es, gesund zu sein. Wir hoffen, dass sich unser Zustand weiter verbessert“, sagt Kaltouma. Bildung ist für sie der Weg in ein selbstbestimmtes Leben. Und sie haben eine Vision: ein eigenes kleines Modegeschäft. „Wir träumen davon, schöne Kleidung zu haben. Und wir interessieren uns für Mode“, erzählen sie. Hassaneih ergänzt: „Wir würden gerne Kleidung und Stoffe auf dem Markt kaufen und verkaufen.“
Als Frauen mit Behinderung stoßen sie oft auf Hürden. Doch ihre Idee gibt ihnen Hoffnung – auf Unabhängigkeit, Teilhabe und eine bessere Zukunft.