Westafrika/Ebola: Wie wir Menschen mit Behinderung in dieser Krise helfen
In den drei am schwersten von der Ebola-Epidemie betroffenen Ländern (Guinea, Sierra Leone und Liberia) leben mehrere Millionen Menschen mit Behinderung. Handicap International hilft ihnen, mit der Krise fertig zu werden.
Eine unserer Mitarbeiterinnen klärt die Bevölkerung Sierra Leones über die Gefahren von Ebola auf | © J-B. Richardier / Handicap International
Handicap International ist in Sierra Leone und Liberia vor Ort, um besonders schutzbedürftigen Menschen – einschließlich Menschen mit Behinderungen - dabei zu helfen, mit den Herausforderungen fertig zu werden, welche die Ebola-Epidemie mit sich bringt. „In Sierra Leone halten wir zum Beispiel Kontakt zu 1 500 Kindern mit Behinderung“, erklärt Bruno Leclercq, der Programmverantwortliche von Handicap International für Liberia und Sierra Leone. „Wir haben diese Kinder vor der Epidemie ausfindig gemacht und sie dabei unterstützt, zur Schule gehen zu können. Jetzt, da ihre Schulen geschlossen wurden, halten unsere Teams den Kontakt zu diesen Familien, um sicher zu stellen, dass alle die Vorsichtmaßnahmen kennen, mit denen man das Risiko einer Infektion verhindert. Es ist schwierig, an gesundheitliche Versorgung zu kommen, denn die meisten Gesundheits- und physischen Rehabilitationszentren haben geschlossen. Große Teile des Landes sind außerdem unter Quarantäne, was es schwierig macht, zu reisen“.
“Eine der Personen, die wir gegenwärtig begleiten ist der 14jährige Emmanuel James. James lebt bei seinem Vater, der ebenfalls eine Behinderung hat. Emmanuels Vater ist Schmied, aber er kann von seiner Arbeit nicht leben, denn sein Geschäft ist vom Grenzverkehr abhängig und die Grenze wurde jetzt geschlossen. Emmanuel kann auch nicht zur Schule gehen oder dem Unterricht über das Radio folgen, denn sein Vater hat kein Geld, um ein Radio zu kaufen. Wir haben mit den beiden telefoniert, um sicher zu stellen, dass sie wissen, was zu tun und zu lassen ist, um eine Ansteckung zu vermeiden.“
“Für Emmanuel, wie für viele tausend andere, gehen die Auswirkungen der Epidemie aber noch viel weiter als das Risiko, sich anzustecken. Für manche Familien ist es jetzt schwierig an Nahrungsmittel oder andere wichtige Gegenstände des täglichen Bedarfs, wie Seife, zu kommen. Die Krise hat enorme Auswirkungen auf das wirtschaftliche und soziale Gefüge in diesen Ländern. Die Folgen für die Bevölkerung als Ganzes sind katastrophal, insbesondere für Menschen mit Behinderungen oder chronischen Krankheiten. Im September wurden alle gebeten, zu Hause zu bleiben, so dass jeder Haushalt besucht und auf die Situation aufmerksam gemacht werden konnte. Obwohl dies eine Maßnahme im Interesse der öffentlichen Gesundheit war, hat sie doch Not für die Familien gebracht, die von der Hand in den Mund leben und es sich nicht leisten können, Essensvorräte für drei Tage im Voraus zu kaufen. Deshalb haben wir in Gemeinschaften mit Menschen mit Behinderungen in Freetown und Koto Nahrungsmittel verteilt. Das ist leider das Niveau der Notsituation, das wir bereits erreicht haben.“
Handicap International hat außerdem eine technische Einheit “Behinderung und Inklusion” in Sierra Leone zusammen gestellt, um dafür zu sorgen, dass alle, einschließlich der besonders schutzbedürftigen Personen, von der humanitären Hilfe profitieren können, die von einer Vielzahl an Akteuren geleistet wird. Handicap International hat außerdem damit begonnen, die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung in den 8 Distrikten, in denen die Organisation aktiv ist, zu erfassen. Es laufen Vorbereitungen, Anfang November eine großangelegte nationale bewusstseinsbildende Kampagne zu starten, die sich an die besonders Schutzbedürftigen richtet. „ Sie werden oft von Präventionskampagnen nicht berücksichtigt. Deshalb wissen sie nicht, dass sie ihr Verhalten ändern müssen; obwohl dies essentiell ist, um die Verbreitung der Epidemie einzudämmen“, erklärt Bruno Leclercq.
Seit die Ebola-Fieber-Epidemie vor acht Monaten erstmals in Erscheinung trat (März 2014), haben sich mehr als 10 000 Menschen mit der Krankheit infiziert (bestätigte und Verdachts-Fälle), fast 5000 von ihnen sind seither gestorben. Da es weder Impfstoff noch Heilmittel gibt, könnte sich das Virus, welches noch immer außer Kontrolle ist, in den kommenden Monaten schnell weiter ausbreiten – es sei denn zusätzliche Ressourcen werden umgehend bereitgestellt.