Co-Preisträger Friedensnobelpreis

NGO-Bericht: Internationale Regierungen lassen Menschen in Gaza im Stich

Minen und andere Waffen Nothilfe Öffentlichkeitsarbeit
Palästinensische Gebiete

Kritik von 46 Hilfsorganisationen: Sechs Monate nach der Geberkonferenz in Kairo wurden Versprechungen für Wiederaufbau nicht erfüllt.

Trümmerberge in der Stadt. Auf einem Trümmerteil steht als Grafitti "Love Gaza" geschrieben.

Sechs Monate nach der Geberkonferenz in Kairo wurden Versprechungen für Wiederaufbau nicht erfüllt | © Tom Shelton / Handicap International

Die Weltgemeinschaft hat ihr Versprechen gebrochen, für den Wiederaufbau des Gaza-Streifens zu sorgen, der durch den letztjährigen bewaffneten Konflikt zerstört  wurde. Internationale Geberstaaten hatten im Oktober vergangenen Jahres bei einer Konferenz in Kairo 3,5 Milliarden US-Dollar für Hilfsmaßnahmen in Aussicht gestellt.

Der unter anderem von Ärzte der Welt, Handicap International, der Heinrich-Böll-Stiftung, medico international und Oxfam herausgegebene Bericht „Charting a New Course: Overcoming the Stalemate in Gaza“ weist nach: Ein halbes Jahr nach den Versprechungen ist kaum etwas davon umgesetzt worden.  Kein einziges der während der israelischen Militäroperation zerstörten Wohnhäuser wurde wieder aufgebaut. 100.000 Menschen haben nach wie vor kein Obdach und viele müssen in provisorischen Unterkünften oder Schulen leben.
 
Nur 26,8 Prozent der vor sechs Monaten versprochenen Geldmittel wurden bislang bereitgestellt und Einfuhrbeschränkungen verhindern, dass Hilfsprojekte beginnen können. Für über 81 Prozent der beschädigten Krankenhäuser fehlt die nötige Finanzierung, und wo das Geld bereits zur Verfügung steht, fehlt das für die Reparaturen benötigte Material.

Der Bericht enthält unter anderem folgende Empfehlungen an die internationale Gemeinschaft:

  • Geberregierungen müssen auf der völkerrechtlichen Verpflichtung bestehen, die Grenze nach Gaza für die Lieferung von nötigen Hilfsgütern zu öffnen.
  • Alle Kriegsparteien müssen für begangene Verletzungen des humanitären Völkerrechts zur Rechenschaft gezogen werden. Zu berücksichtigen sind dabei auch Verpflichtungen aus dem globalen Abkommen zur Kontrolle des Waffenhandels (Arms Trade Treaty, ATT). Lieferungen von Waffen und Munition, die mit sehr großer Wahrscheinlichkeit unterschiedslos gegen Zivilisten eingesetzt werden, dürfen demnach nicht getätigt werden.
  • Die Blockade des Gaza-Streifens durch Israel muss beendet werden. Sie erschwert die humanitäre Hilfe und macht die wirtschaftliche und soziale Entwicklung in Gaza so gut wie unmöglich. 80 Prozent der dortigen Bevölkerung sind auf internationale Hilfe angewiesen, 69 Prozent der Jugendlichen sind arbeitslos. Exporte aus Gaza betragen weniger als 2 Prozent des Niveaus vor der Blockade, der Personenverkehr aus und nach Gaza ist praktisch zum Erliegen gekommen.
  • Der Wiederaufbau kam bislang auch mangels palästinensischer Führung nicht gut voran. Die Geberstaaten sollten stärker auf die palästinensische Seite einwirken, den Aufbau effektiver zu koordinieren. Die Situation wird durch die von der israelischen Regierung verhängten Reisebeschränkungen allerdings zusätzlich erschwert.


Jeder neue Krieg hinterlässt Zerstörung und darüber hinaus explosive Rückstände, die Aufräumarbeiten und Wiederaufbau zusätzlich gefährden. Statt leerer Versprechen ist eine umfassende Unterstützung notwendig, die auch diese Aspekte berücksichtigt und allen Betroffenen zugutekommt.

13 April 2015
Einsatz weltweit:
Helfen
Sie mit

Lesen sie weiter

HI entsetzt über wiederholte Vertreibung in Gaza
© HI
Öffentlichkeitsarbeit

HI entsetzt über wiederholte Vertreibung in Gaza

Handicap International (HI) verurteilt den Evakuierungsbefehl der israelischen Streitkräfte vom 22. Juli aufs Schärfste, der etwa 150.000 Menschen zur Flucht aus Ost-Khan Younis zwingt. HI weist daraufhin, dass nahezu 85 % der palästinensischen Bevölkerung im Gazastreifen seit dem 7. Oktober bereits mehrfach vertrieben wurden.

„Danke für eure Unterstützung in dieser schweren Zeit."
© HI
Nothilfe Rehabilitation und Orthopädie

„Danke für eure Unterstützung in dieser schweren Zeit."

Mohammeds Familie musste fliehen. Die Bombenanschläge in seiner Heimatstadt Aita Al Chaeb nahe der israelisch-libanesischen Grenze machten ein sicheres Leben unmöglich. Der 8-jährige Junge konnte nicht versorgt werden, er hatte keinen Rollstuhl und er litt unter den Spannungen. Nun wurde Mohammed in ein Programm von HI aufgenommen, und das Leben der Familie ist ein Stückchen leichter geworden.

Lara, Flucht im Rollstuhl
© HI
Nothilfe

Lara, Flucht im Rollstuhl

Lara ist acht Jahre alt und musste schon mehrfach mit ihrer Familie vor Bomben und Beschuss fliehen. Sie hat Zerebralparese und benötigt einen Rollstuhl. Ihr Vater Zuhair trägt sie meist auf den Schultern, wenn sie erneut eine Notunterkunft verlassen müssen. Derzeit leben sie in den Gebäuden einer Universität in Gaza-Stadt, die nicht für Menschen mit Behinderung eingerichtet sind.