Co-Preisträgerin Friedensnobelpreis

Überleben wie durch ein Wunder

Minen und andere Waffen Nothilfe
Irak

Unsere Kollegin Anfal arbeitet im Bereich psychische Gesundheit in unserem Projekt im Irak. 2017 wurde ihre Heimatstadt Mossul bombardiert. Die junge Frau und ihre Familie überlebten einen Luftangriff, der ihr Haus traf.

Anfal leitet eine Veranstaltung zur Aufklärung für die Bedeutung der psychischen Gesundheit

Anfal leitet eine Veranstaltung zur Aufklärung für die Bedeutung der psychischen Gesundheit | © HI

 „Ich erinnere mich an den 5. Mai 2017, als wäre es gestern gewesen. Jeden Tag gab es Bombenanschläge und Kämpfe. Wir versteckten uns tagelang in unserem Badezimmer, ohne Essen und Wasser. Dabei umklammerten wir immer unsere Ausweise und das Dokument, das nachwies, dass wir Eigentümer des Hauses sind. Unser Viertel in Mossul war bereits befreit worden, aber unsere Straße war immer noch unter der Kontrolle des sogenannten Islamischen Staats. Es gab ständig gewaltsame Übergriffe“, erzählt Anfal

„Wir wussten, dass es jeden Moment zu einem Luftangriff auf unser Haus kommen könnte. Was wir nicht wussten: ob wir das überleben würden."

Ein Luftangriff zerstörte das Haus

„Dann passierte es. Ein Luftangriff zerstörte unser Haus und all unser Hab und Gut. In der Nähe explodierte auch noch eine Autobombe. Unser Familienhaus stürzte zusammen, Trümmer trafen unsere Körper. Wie durch ein Wunder überlebten wir alle - einschließlich meiner älteren Mutter, die im Rollstuhl sitzt. Es gelang uns, in das Haus eines Nachbarn zu fliehen. Am nächsten Tag wurde auch dieses Haus angegriffen. Also suchten wir im nächsten Haus Zuflucht, bis uns drei Tage später irakische Streitkräfte fanden und halfen."

In der Nacht brachten sie uns in ein Flüchtlingslager. Bald darauf trafen wir meinen Bruder und fanden in seinem Haus Unterschlupf. Meine Familie und ich kehrten noch im selben Jahr nach der vollständigen Befreiung Mossuls in unsere Heimat zurück. Wir besaßen nichts mehr und mein Mann und ich waren arbeitslos...

 

„Die Familie ist unersetzlich."

„Ein neues Kapitel in meinem Leben begann, als ich bei HI Betreuerin für psychische Unterstützung wurde. Ich konnte meiner Familie helfen, mein Haus reparieren und unser Leben wiederaufbauen."

 „Die Bombenanschläge von 2017 hatten langfristige und verheerende Folgen. Viele Menschen in meinem Umfeld haben ihre Angehörigen, ihre Arbeit und ihr Zuhause verloren. Die Lebensumstände sind auch nach Ende der Kämpfe noch schlecht. All die Gewalt und Verwüstung löst bei vielen Menschen Depressionen, Verzweiflung und manchmal auch Selbstmordgedanken aus. Manche Menschen unterdrücken ihre Gefühle. Andere entwickeln körperliche oder chronische Krankheiten, weil ihre psychischen Bedürfnisse unbehandelt bleiben.

Mit dem Team für psychische Gesundheit und psychosoziale Unterstützung berate ich Menschen, wie sie mit ihrem Trauma umgehen können."

Kampagne Stop Bombing Civilians

Die dritte und letzte Runde der Verhandlungsgespräche für eine politische Erklärung gegen den Einsatz von Explosivwaffen in bewohnten Gebieten sollte ursprünglich vom 2. bis 4. Februar 2022 in Genf stattfinden. Aufgrund der Corona-Pandemie wurden die Beratungen vertagt. Ziel ist es, eine starke Erklärung gegen den Einsatz schwerer Explosivwaffen in bewohnten Gebieten fertig zu stellen. Das internationale Abkommen soll die Staaten zudem verpflichten, Überlebende, Familienangehörige von Verletzten oder Getöteten und betroffene Regionen zu unterstützen. Außerdem soll das Militär verpflichtet werden, Strategien zum Schutz der Zivilbevölkerung vor Explosivwaffen auszuarbeiten. 

Update: Nach einer weiteren Verhandlungsrunde im April und einem letzten Zusammenkommen im Juni 2022 liegt die Erklärung nun in ihrer finalen Fassung vor. Mehr als 60 Staaten, UN-Organisationen sowie zahlreiche internationale und zivilgesellschaftliche Organisationen haben mit Änderungsvorschlägen zum finalen Text beigetragen. Die Unterzeichnung erfolgt voraussichtlich im Oktober 2022 in Dublin.

19 Januar 2022
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