Co-Preisträgerin Friedensnobelpreis

„Wachsen meine Beine nach?“

Inklusion Minen und andere Waffen Rehabilitation und Orthopädie
Indien

Fayaz ist sechs Jahre alt und lebt in Kashmir, Indien. Als Dreijähriger verlor er seine beiden Beine bei einer Explosion. Handicap International passte ihm Prothesen an. Jetzt steht er wieder auf seinen eigenen Beinen und besucht regelmäßig das Reha-Zentrum. Im April 2017 nahm ein Physiotherapeut die Maße seiner stets noch wachsenden Beine, um neue Prothesen für ihn zu bauen.

Fayaz sitzt mit seinen neuen Prothesen und einem Mitarbeiter von Handicap International auf einer Steinmauer.

Der 6-jährige Fayaz mit seinen neuen Prothesen und einem Mitarbeiter von Handicap International. | Lucas Veuve/Handicap International

„Ich kann sie immer noch schreien hören: ‚Firdousa, du hast alles verloren!‘ Es war wie in einem Alptraum. Die Gegend, in der wir lebten, lag nahe an der Grenze und war übersät mit explosiven Kriegsresten. Eine Granate, die auf dem Boden lag, tötete meine sechs Jahre alte Tochter und verstümmelte meinen dreijährigen Sohn. Ihm wurden beide Beine amputiert. Als ich im Krankenhaus ankam, bin ich zusammengebrochen. Er sagte immer wieder: ‚Gebt mir etwas gegen die Schmerzen. Ich will nicht, dass meine Mama sich Sorgen macht‘“, erinnert sich Fayaz‘ Mutter, Firdousa.

Darauf folgten dunkle Zeiten. Fayaz und seine Familie verließen ihr Dorf und zogen in die Stadt Sringar. Schwer traumatisiert stellte Fayaz immer und immer wieder die gleichen Fragen: „Kommt meine Schwester wieder? Wenn ich größer werde, werden meine Beine dann auch wieder nachwachsen?“ Er hatte schlimme Wutausbrüche, zerstörte seine Spielsachen. Die Erinnerung an die tote Schwester verfolgte ihn. Eine schwere Last, die er mit nur drei Jahren zu tragen hatte.

Zwei Monate nach seinem Unfall traf Fayaz das Team von Handicap International im Hope Disability Center, einem Partnerzentrum von Handicap International. Dort bekam er Prothesen angepasst. Das Team gab ihm physiotherapeutische Behandlungen, um seine Beine zu lockern und half ihm dabei, wieder laufen zu lernen. Doch es war schwer für ihn, in der Schule richtig dazuzugehören. Wenn ihn die anderen Kinder über seinen Unfall befragen wollten, sagte er, er sei von einem Hausdach gefallen und zog sich dann zurück. Er war am Boden zerstört. Erst mit der Zeit fand der Junge neue Hoffnung: Er machte fleißig seine physiotherapeutischen Übungen und begann sogar wieder, Cricket zu spielen.

 

Fayaz trainiert mit seinem Physiotherapeuten, wieder zu gehen. Foto: Lucas Veuve

Fayaz trainiert mit seinem Physiotherapeuten, wieder zu gehen. Foto: Lucas Veuve

Im April 2017 kam Fayaz wieder einmal ins Rehabilitationszentrum von Handicap International.

„Fayaz ist gewachsen. Wir haben seine Beine neu vermessen, um ihm neue Prothesen zu bauen, die an seine Größe angepasst sind. Wir beobachten seine Fortschritte genau.“

Laut seinem Vater Reyaz gewinnt der Junge nun langsam sein Selbstvertrauen wieder – nach einer langen und schwierigen Phase. „Wir haben ihn die Schule wechseln lassen. Jetzt ist er glücklicher. Dank seiner Prothesen kann er mit Freunden spielen und sich wieder leichter eigenständig fortbewegen. Aber es geht ihm immer noch nicht gut. Die Ärzte haben ihm vor kurzem Medikamente verschrieben. Doch wir haben entschieden, sie ihm nicht mehr zu geben, denn die Nebenwirkungen ziehen ihn herunter. Wir sind über so viele Dinge besorgt. Wie wird er sich entwickeln? Wir können es ohne die Hilfe von Handicap International nicht schaffen. Wir brauchen sie wirklich.“

 

 

 

29 April 2022
Einsatz weltweit:
Helfen
Sie mit

Lesen sie weiter

Syrien: Die Mine lag zwischen den Olivenbäumen
© T. Mayer / HI
Minen und andere Waffen Rehabilitation und Orthopädie

Syrien: Die Mine lag zwischen den Olivenbäumen

Ahmed Kasom ist einer von vielen, die nach Ende des Krieges in ihr syrisches Heimatdorf zurückkehren. Der 29-Jährige lebt in einem Flüchtlingscamp nahe Idlib und versucht seine Familie mit Gelegenheitsjobs zu ernähren. So auch zu Beginn des Jahres, als er bei der Olivenernte mithilft. Doch er tritt auf eine Landmine, die ihm sein Bein abreißt – ein unglaublicher Schock.

Ukraine: „Mein Mann dachte, ich sei tot“
© L. Hutsul / HI
Rehabilitation und Orthopädie

Ukraine: „Mein Mann dachte, ich sei tot“

Yuliia verlor durch eine Minenexplosion beide Beine und ihr Augenlicht. Unsere Teams helfen ihr, auf ihrem schwierigen Weg zurück in den Alltag. Ein Physiotherapeut besucht sie regelmäßig, um ihr mit den Prothesen zu helfen und ihre Muskeln zu stärken. Yuliia wünscht sich endlich Frieden, eine Familie und hofft durch die Unterstützung von Handicap International auf ein selbstständiges Leben.

Blindgänger und Landminen in Syrien – Amers Geschichte
© N. Bimbashi / HI
Minen und andere Waffen Nothilfe Rehabilitation und Orthopädie

Blindgänger und Landminen in Syrien – Amers Geschichte

Inmitten der zerstörten und halb zerstörten Gebäude von Khasham im Nordosten Syriens sitzt Amer im Rollstuhl vor dem Haus seiner Familie. Ein Bein fehlt ihm, das andere baumelt voller Bewegungsdrang hin und her. Vor wenigen Monaten spielte er hier noch mit seinen Cousins, bis ein Blindgänger explodierte. Amer überlebte schwer verletzt und wird von Handicap International (HI) betreut.