Blindgänger und Landminen in Syrien – Amers Geschichte
Inmitten der zerstörten und halb zerstörten Gebäude von Khasham im Nordosten Syriens sitzt Amer im Rollstuhl vor dem Haus seiner Familie. Ein Bein fehlt ihm, das andere baumelt voller Bewegungsdrang hin und her. Vor wenigen Monaten spielte er hier noch mit seinen Cousins, bis ein Blindgänger explodierte. Amer überlebte schwer verletzt und wird von Handicap International (HI) betreut.
Amer (10) ist eines von vielen Opfern von Blindgängern und Landminen in Syrien. | © N. Bimbashi / HI
Vor sieben Jahren war Amer mit seiner Familie geflohen. Nach dem Sturz des Regimes wagten sie die Rückkehr in ihr Dorf – endlich wieder zu Hause, dachten sie. Einen Monat lang schien alles gut.
Dann ließen Amers Eltern die Kinder für kurze Zeit allein. Eigentlich hatten sie ihnen verboten, in den Feldern um das Haus zu spielen, denn sie kannten die Gefahr durch Blindgänger. Doch Amer und seine Cousins zogen trotzdem los und fanden ein glitzerndes Metallteil. Niemand von ihnen wusste, was es war. Sie klopften mit Steinen darauf und wurden noch neugieriger, als Rauch herauskam. Dann die Explosion.
Ein Junge starb sofort. Amer wurde schwer verletzt und sein Bein musste im Krankenhaus amputiert werden.
„Wir wollen nicht, dass noch mehr Kinder leiden“
Nach der Amputation verstand Amer nicht, was passiert war. Er konnte nicht begreifen, dass sein Bein einfach weg war.
„Wir wollen nicht, dass noch mehr Kinder das erleben müssen, was Amer und seine Cousins durchgemacht haben. Wir hoffen, dass mehr Aufklärung über Blindgänger und die Räumung der verseuchten Gebiete solche Tragödien in Zukunft verhindern.“ sagt Amers Großvater hoffnungsvoll.
Unterstützung durch Handicap International
Handicap International (HI) erfuhr von Amer und überwies ihn an ein Partnerkrankenhaus vor Ort. Nach seiner Operation erhielt er dort Physiotherapie und Hilfsmittel wie Krücken und einen Toilettenstuhl.
HI will Amer weiterhin mit Reha-Maßnahmen begleiten mit dem Ziel, ihm bald eine Prothese anzupassen und ihm zu helfen, wieder sicher gehen zu lernen.
Blindgänger in Syrien - Wenn Neugier zur Gefahr wird
Syrien zählt heute zu den am stärksten mit explosiven Kriegsresten kontaminierten Ländern der Welt. Seit 2011 wurden über eine Million Explosivwaffen eingesetzt, von denen bis zu 30 Prozent nicht explodierten. Mehr als 14 Millionen Menschen leben mit der täglichen Angst vor Blindgängern.
Am stärksten gefährdet sind Kinder wie Amer. Sie erkennen die tödlichen Überreste des Krieges nicht und halten sie für Spielzeug oder einfache Metallreste. Ihre Neugier kann sie das Leben kosten.
Wie hilft Handicap International in Syrien?
In Syrien ist HI mit mobilen Teams im Einsatz, um Menschen über die Gefahren von Minen und Blindgängern aufzuklären. In Schulen, Dörfern und Gemeinden zeigen sie, wie man diese erkennt und wie man sich im Ernstfall richtig verhält.
Zudem unterstützt HI die Räumung explosiver Kriegsreste und versorgt Überlebende mit Physiotherapie, Prothesen und psychologischer Hilfe.
Das Auswärtige Amt unterstützt Entminungsprojekte in Syrien.
