Echte Kämpferinnen
Kotime und ihre Mutter sind echte Kämpferinnen. Mit Hilfe von Handicap International (HI) haben sie Behinderung, Krieg, Vertreibung und Ablehnung getrotzt und für ein besseres Leben gekämpft.
Kotime und ihre Freunde | © Olivier Czar KATONA / HI
Eigentlich lebte Kotimes Familie ganz friedlich in ihrem Dorf in der Sahelzone. Als Kotime neun Jahre alt war, wurde das Dorf jedoch mehrfach von Dschihadisten angegriffen. Etwa zur selben Zeit konnte das Mädchen plötzlich nicht mehr laufen. Ihre Mutter brachte sie in ein Krankenhaus und kümmerte sich monatelang um sie - sehr zum Missfallen ihrer Schwiegereltern, die die Sonderbehandlung für das behinderte Mädchen ablehnten. Als dann auch noch die Angriffe immer schlimmer wurden, musste die Familie fliehen.
Mutter Mariam erzählt von ihrem Kampf für ihre Tochter Kotime, die als Mädchen mit Behinderung überhaupt keine Rechte hat.
„Die Familie gab mir die Schuld für ihre Behinderung".
„Ich blieb etwa drei Monate lang im Krankenhaus, während meine Tochter behandelt wurde. Meine Schwiegereltern drohten, mich zu verstoßen, weil ich mein Zuhause verlassen hatte, um ein Kind zu behandeln, das vielleicht nie wieder laufen kann. Sie sagten auch, Kotime sei nicht mein einziges Kind. Also musste ich sie wieder nach Hause zurückbringen", sagt Mariam, 35. „Eines Nachts drangen bewaffnete Gruppen in unser Dorf ein, töteten Menschen und stahlen viele Tiere, so dass wir das Dorf verlassen mussten. Es war sehr schwer für mich, weil ich schwanger war. Ich floh mit Kotime und ihrer Schwester in meinen Armen.“
Unsicherheit und Armut
„Als wir im Norden von Burkina Faso ankamen, haben wir alle Tiere verkauft, die wir noch hatten, um genug zu essen zu haben. Wir sind schon lange hier. Mein Mann arbeitet nicht. Ab und zu sammle ich Sand, um ihn zu verkaufen, oder ich gehe in die Stadt, um Wäsche zu waschen, Essen und Seife zu kaufen. Manchmal bekommen wir Hilfe von der Regierung und von NGOs. Dabei habe ich das Team von Handicap International kennengelernt - bei einer Veranstaltung zur Aufklärung über Behinderungen. Sie entdeckten Kotime. Ich hatte gerade entbunden. Ich trug mein Baby auf dem Rücken und Kotime in meinen Armen", erzählt Mariam.
HI vermittelte innerhalb der Familie
Unser Team besuchte Kotime und ihre Mutter mehrmals, um die Zustimmung der Familie zu ihrer Behandlung zu erhalten.
„Zu Beginn kam die Aufklärungsbeauftragte zu uns, um mehr über Kotimes Situation zu erfahren. Sie verwies uns an das Reha-Zentrum, aber meine Schwiegereltern waren dagegen. HI tat alles, um sie zu überzeugen und zwischen uns zu vermitteln. Mein Schwiegervater aber lehnte entschieden ab. Es brauchte weitere Treffen mit meiner Familie und den Besuch des Leiters des Reha-Zentrums sowie einer religiösen Persönlichkeit, um meine Schwiegereltern zu überzeugen! Danach hat sich endlich alles geändert ", sagt Mariam.
Erste Erfolge
Kotime konnte es kaum erwarten, mit ihren Therapiesitzungen zu beginnen. Sie bekam einen Rollstuhl, eine Gehhilfe und Orthesen. Dank ihres Rollstuhls kann sie wieder am täglichen Familienleben teilnehmen. Sie kann sogar schon ein paar Schritte alleine gehen. Seit Mariam ihre Tochter nicht mehr tragen muss, fühlt auch sie sich besser und hat mehr Zeit für die ganze Familie.
Kotime übt täglich mit ihren Orthesen und ihrer Gehhilfe. © Olivier Czar Katona / HI
„Der Rollstuhl hat das Leben von Kotime verändert - und auch meins! Ich kann sie überallhin mitnehmen, ohne dass ich erschöpft bin. Dank der Reha hat Kotime wieder angefangen zu laufen, auch wenn sie nicht weit gehen kann. Das Leben wird wieder normal; sie kann mir beim Abwasch helfen und das Beste ist, dass sie wieder mit ihren Freunden rausgehen und spielen kann. Sie bringen sie nach dem Spielen nach Hause. Ich bin wirklich stolz auf sie", fügt Mariam hinzu, die allen Widrigkeiten zum Trotz Himmel und Erde in Bewegung gesetzt hat, um ihrer Tochter wieder Hoffnung zu geben.