Co-Preisträgerin Friedensnobelpreis

Explosivwaffen-Monitor 2024: Weltweit leidet die Zivilbevölkerung

Minen und andere Waffen Öffentlichkeitsarbeit Politische Kampagnenarbeit
International

Weltweit fordern anhaltende Konflikte täglich neue Opfer. Der EWIPA-Monitor 2024 berichtet von verheerenden humanitären Folgen durch den Einsatz von Explosivwaffen in Wohngebieten. In 74 Ländern war die Zivilbevölkerung direkt betroffen – besonders dramatisch war die Lage in den Palästinensischen Gebieten, der Ukraine und im Sudan.

Ein kleines Mädchen sitzt auf dem Boden eines Hauses und schaut direkt in die Kamera. Eines ihrer Beine ist unter dem Knie amputiert.

Qamar (7) verlor bei einem Luftangriff im Gazastreifen ihr Bein – sie überlebte schwer verletzt. | © Y. Nateel / HI

Ein besonders erschütterndes Beispiel ist das Schicksal der siebenjährigen Qamar. Bei einem Bombenangriff auf ihr Zuhause im Gazastreifen verlor sie ihr rechtes Bein. Ihr Schicksal steht stellvertretend für unzählige Kinder, Frauen und Männer, die tagtäglich unter dem Einsatz von Explosivwaffen in Wohngebieten leiden.

Täglicher Beschuss: Zivilbevölkerung zwischen Fronten

Was Qamar widerfahren ist, ist kein Einzelfall – es ist trauriger Alltag in vielen Konfliktregionen. Raketen, Mörsergranaten und andere Explosivwaffen treffen Wohngebiete, Schulen und Kliniken. Die Folge: zahllose Tote und Verletzte. Der Explosivwaffen-Monitor 2024 macht dieses Leid sichtbar – in Zahlen. Besonders alarmierend: 60 % aller weltweit gemeldeten zivilen Todesopfer im Jahr 2024 aus den Palästinensischen Gebieten. Die Zahl ziviler Todesopfer außerhalb der Palästinensischen Gebiete stieg 2024 um über 60 % an, vor allem im Libanon, in Myanmar, Syrien und der Ukraine. 

Explosivwaffen: Gefahr nach dem Einschlag

Doch die Bedrohung endet nicht mit der Explosion. Blindgänger bleiben oft zurück und stellen eine tödliche Gefahr dar, insbesondere für Kinder. Beim Spielen zwischen Trümmern stoßen sie oft auf unbekannte Objekte – mit verheerenden Folgen.

Diejenigen, die die Detonation überleben, tragen oft lebenslange Behinderungen wie Amputationen davon. Handicap International unterstützt Überlebende: mit Physiotherapie, Prothesen und psychologischer Betreuung. Gleichzeitig arbeiten wir präventiv – durch Aufklärung über Blindgänger und richtiges Verhalten bei Bombardierungen. So werden Leben gerettet, bevor es zu spät ist.

Opfer in Konflikten nehmen dramatisch zu

„Angesichts der zunehmenden Angriffe auf die Zivilbevölkerung und auf zivile Infrastruktur im Jahr 2024 sehen wir eine ernsthafte Schwächung des Grundsatzes zum Schutz der Zivilbevölkerung. Dieser Grundsatz besagt, dass Zivilistinnen und Zivilisten verschont und vor den Auswirkungen bewaffneter Konflikte geschützt werden müssen. Wir beobachten, dass die Konfliktparteien sich einfach nicht an Verträge und Grundsätze halten – sie führen wahllose Angriffe durch und Zivilist*innen werden sogar zunehmend direkt ins Visier genommen. In einigen Fällen zielen langwierige Belagerungen nicht mehr nur darauf ab, Schlachten zu gewinnen, sondern die Bevölkerung zu terrorisieren, zu verletzen und zu töten“, sagt Dr. Eva Maria Fischer, Leiterin der politischen Abteilung von Handicap International Deutschland.

Die zivile Infrastruktur wurde massiv beschädigt: 

  • Angriffe auf das Gesundheitswesen, einschließlich Gesundheitseinrichtungen und Krankenwagen, sind um 64 % (1.857 Vorfälle) angestiegen.
  • Angriffe auf Bildungseinrichtungen (Schulen usw.) haben sich mehr als verdoppelt (861 Vorfälle im Jahr 2024).
  • Angriffe auf humanitäre Hilfsmaßnahmen waren fast fünfmal häufiger als im Jahr 2023 (1.631 Vorfälle).


Hier können Sie den EWIPA-Monitor 2024 einsehen.

Hier finden Sie die wichtigsten Ergebnisse auf Deutsch im Faktenblatt.

20 Mai 2025
Einsatz weltweit:
Helfen
Sie mit

Lesen sie weiter

Gaza: Eine Prothese mitten im Krieg
© K. Nateel / HI
Minen und andere Waffen Nothilfe Rehabilitation und Orthopädie

Gaza: Eine Prothese mitten im Krieg

Malak ist erst neun Jahre alt und hat in Gaza Schreckliches erlebt: Bei einem Luftangriff auf die Schule, in der sie mit ihrer Familie Schutz gesucht hatte, wurden ihre Eltern und drei Brüder getötet. Malak selbst wurde schwer verletzt, ihr rechtes Bein musste oberhalb des Knies amputiert werden. Seit der Operation kümmern wir uns um Malak und konnten ihr sogar schon eine Prothese anpassen.

Äthiopien: Und plötzlich explodierte ein Sprengkörper
© Halefom Bale / HI
Minen und andere Waffen Rehabilitation und Orthopädie

Äthiopien: Und plötzlich explodierte ein Sprengkörper

Mehari Amare Tadele ist 36 Jahre alt, Vater von vier Kindern und hat eine Metallwerkstatt. Beim Sortieren von Teilen explodierte plötzlich ein Sprengkörper. Mehari verlor sein linkes Auge, eine Hand und seinen Job, die einzige Einkommensquelle. Doch unsere Teams in der Region Tigray unterstützten den jungen Familienvater medizinisch und psychologisch und halfen beim Wiederaufbau seines Geschäfts.

Ukraine: „Streumunition ist etwas Grauenvolles“
© C. Wright / ICBL-CMC / HI
Minen und andere Waffen

Ukraine: „Streumunition ist etwas Grauenvolles“

Herr Volodymyr (59) aus Charkiw wurde bei einem russischen Angriff mit Streumunition schwer verletzt. Im Krankenhaus entfernten Ärzte ihm über ein Dutzend Splitter ohne Betäubung. Bis heute lebt er mit den Folgen der Explosion und der Angst, sein Bein könnte amputiert werden. Streumunition hinterlässt nicht nur sofortige Zerstörung – ihre grausamen Folgen begleiten die Betroffenen ein Leben lang.