Co-Preisträgerin Friedensnobelpreis

Syrien: Die unsichtbaren Opfer

Inklusion Minen und andere Waffen Rechte von Menschen mit Behinderung
Jordanien Libanon Syrien

Eine Studie vom März 2014 von Handicap International und HelpAge International zeigt, dass alte, behinderte und verletzte Flüchtlinge einen doppelten Preis im syrischen Bürgerkrieg zahlen müssen, da sie nur einen eingeschränkten Zugang zu angemessener Hilfe haben.

Basheera sitzt mit einem Gehstock auf einer Couch

Basheera, 68 Jahre, floh vor dem Bürgerkrieg nach Jordanien. Dort wurde sie von Handicap International finanziell unterstützt. | © S. Sommella / Handicap International

Als Konsequenz rufen wir gemeinsam mit HelpAge International alle nationalen und internationalen humanitären Akteure dazu auf, ihre Hilfe auch auf die besonderen Bedürfnisse dieser weniger sichtbaren Opfer des Bürgerkrieges auszurichten.

Der syrische Bürgerkrieg hat zur größten Flüchtlingskrise seit dem Genozid in Ruanda im Jahr 1994 geführt. Einige Menschen sind einem besonders hohen Risiko ausgesetzt, dass die internationale Hilfe sie nicht erreicht; besonders schutzbedürftigen Menschen, wie alte Menschen und Menschen mit Behinderung, Kriegsverletzungen oder chronischen Erkrankungen. So werden sie bei den Bedarfserhebungen, Datensammlungen, sowie der Planung und Durchführung von Hilfsmaßnahmen oft nicht ausreichend berücksichtigt. Dadurch werden ihre ohnehin schwierige Gesundheitssituation, ihr Überleben und ihre soziale Integration weiter erschwert, was zu erhöhtem psychischem Stress führt.

Die Studie vom März 2014 basiert auf der Befragung von 3.200 Flüchtlingen in Jordanien und Libanon.

Die wichtigsten Ergebnisse:

  • 30 Prozent der Flüchtlinge haben spezifische Bedürfnisse
  • Jeder fünfte Flüchtling ist von physischen, sensorischen oder geistigen Einschränkungen betroffen
  • Jeder siebte Flüchtling leidet unter chronischen Erkrankungen
  • Fünf Prozent leiden unter Verletzungen, von denen die Mehrheit aus dem Krieg resultiert
  • Alte Menschen stellen 10 Prozent der Flüchtlinge mit besonderen Bedürfnissen; 77 Prozent von ihnen sind durch eine der genannten Einschränkungen betroffen
  • Durch körperliche oder geistige Einschränkungen betroffene Flüchtlinge, leiden mehr als doppelt so oft unter psychischem Stress, als die allgemeine Flüchtlingsbevölkerung
  • 65 Prozent der älteren Flüchtlinge zeigen Zeichen psychischen Stresses
  • 45 Prozent der Flüchtlinge mit besonderen Probleme zeigen Schwierigkeiten bei der Durchführung alltäglicher Tätigkeiten

„Das Fehlen psycho-sozialer Versorgung ist eine große Herausforderung, die besonders das Wohl der älteren Menschen gefährdet, aber auch ihre Familien dadurch stark belastet“, sagt Michael Bünte, Geschäftsführer von HelpAge Deutschland. „Die Hilfe muss viel stärker auf die besonderen Bedürfnisse dieser Gruppen eingehen, um so auch zusätzliche Traumata zu verhindern.“ Thierry-Mehdi Benlahsen, regionaler Nothilfekoordinator von Handicap International

Die Vertreibung hat große Auswirkungen auf das tägliche Leben von Menschen mit Behinderung und Verletzungen sowie alten Menschen. Sie benötigen dringend Zugang zu Gesundheitsversorgung und langfristigen medizinischen, finanziellen und sozialen Programmen. Die Berücksichtigung der Bedürfnisse aller Flüchtlinge ist eine Grundvoraussetzung für eine unparteiische und auf humanitären Grundsätzen basierende Hilfe.

Handicap International und HelpAge International geben mit dem Bericht acht Empfehlungen heraus, um sicherzustellen, dass Menschen mit besonderen Bedürfnissen nicht mehr die Vergessenen dieses Konflikts bleiben und Zugang zu grundlegender Versorgung erhalten.

Helfen Sie mit ihrer Spende, dass Menschen mit Behinderung sichtbar werden.

9 April 2014
Einsatz weltweit:
Helfen
Sie mit

Lesen sie weiter

Landminen-Monitor 2025: Zivile Opferzahlen alarmierend hoch
© A. Rahhal / HI
Minen und andere Waffen Rehabilitation und Orthopädie

Landminen-Monitor 2025: Zivile Opferzahlen alarmierend hoch

Minen töten und verstümmeln noch über Generationen hinweg – auch wenn der Krieg längst vorbei ist. Der Landminen-Monitor 2025 meldet die höchste Zahl an zivilen Opfern seit dem Jahr 2020. Ein Betroffener ist Mohamed aus Syrien. Der 12-Jährige trat vor vier Jahren auf einen Blindgänger. Sein Bein konnte nicht gerettet und musste amputiert werden.

Syrien: Die Mine lag zwischen den Olivenbäumen
© T. Mayer / HI
Minen und andere Waffen Rehabilitation und Orthopädie

Syrien: Die Mine lag zwischen den Olivenbäumen

Ahmed Kasom ist einer von vielen, die nach Ende des Krieges in ihr syrisches Heimatdorf zurückkehren. Der 29-Jährige lebt in einem Flüchtlingscamp nahe Idlib und versucht seine Familie mit Gelegenheitsjobs zu ernähren. So auch zu Beginn des Jahres, als er bei der Olivenernte mithilft. Doch er tritt auf eine Landmine, die ihm sein Bein abreißt – ein unglaublicher Schock.

Blindgänger und Landminen in Syrien – Amers Geschichte
© N. Bimbashi / HI
Minen und andere Waffen Nothilfe Rehabilitation und Orthopädie

Blindgänger und Landminen in Syrien – Amers Geschichte

Inmitten der zerstörten und halb zerstörten Gebäude von Khasham im Nordosten Syriens sitzt Amer im Rollstuhl vor dem Haus seiner Familie. Ein Bein fehlt ihm, das andere baumelt voller Bewegungsdrang hin und her. Vor wenigen Monaten spielte er hier noch mit seinen Cousins, bis ein Blindgänger explodierte. Amer überlebte schwer verletzt und wird von Handicap International (HI) betreut.