Hungerkrise: 20 Millionen Menschen von Hungertod bedroht
Ohne drastische Intervention stehen wir vor der größten humanitären Katastrophe der letzten 70 Jahre. Handicap International setzt sich dafür ein, dass auch die besonders schutzbedürftigen Menschen Zugang zu humanitärer Hilfe erhalten.
Aus unserem Bildarchiv: Somalische Flüchtlinge in Kenia, 2011 | © Corentin Fohlen / Handicap International
Eine Krise von beispiellosem Ausmaß
Seit 2016 leiden 20 Millionen Menschen im Südsudan, in Somalia, im Jemen und im Nordosten Nigerias unter einer schlimmen Nahrungsmittelkrise. Die Vereinten Nationen haben betont, dass diese Krise von beispiellosem Ausmaß ist. Xavier Duvauchelle, Programmbeauftragter für Ostafrika bei Handicap International, gibt zu bedenken:
„Es ist schwierig, den momentanen Umfang der Notlage in der Region zu begreifen. 20 Millionen Menschen im Südsudan, Somalia, Jemen und Nigeria sind einer heiklen Nahrungsunsicherheit ausgesetzt. Das ist eine erschütternde Zahl – sie entspricht einem Drittel der Bevölkerung Frankreichs! Monatelang hat jeder dieser 20 Millionen Menschen täglich versucht, ausreichend Lebensmittel zu finden, um sich und seine geliebten Menschen am Leben zu halten. Es ist eine Tragödie, dass in einigen Gebieten bereits Menschen am Hunger und den damit verbundenen Krankheiten sterben.“
Das mobile Team von Handicap International besucht ein Flüchtlingscamp im Südsudan, 2016 © Deng Bol Malith / MTT - Mobile Theater Team
Unsere Teams in Ostafrika sind sehr besorgt und fühlen sich an die Nahrungsmittelkrise von 2011 erinnert, bei der 271.000 Menschen ums Leben gekommen sind. Die aktuellsten Statistiken und unsere eigenen Erfahrungen vor Ort legen nahe, dass wir nun einer wesentlich größeren Krise gegenüberstehen. Xavier Duvauchelle stellt fest:
„Ohne eine drastische Intervention werden wir viel menschliches Leid erfahren, das es in dieser Größenordnung in den letzten 70 Jahren nicht gegeben hat.“
© Camille Lepage / Handicap International. Bildarchiv: Flüchtlingslager in Juba, Südsudan, 2014.
Sicherstellen, dass niemand vergessen wird
Manche Menschen sind in Krisensituationen besonders gefährdet. Dies gilt insbesondere für Menschen mit Behinderung und andere besonders schutzbedürftige Personen.
„Wenn die Nahrung knapp ist, sind ältere Menschen, Menschen mit körperlicher oder geistiger Behinderung, Babys und schwangere Frauen am meisten dem Risiko von Unterernährung und anderen Komplikationen ausgesetzt." (Xavier Duvauchelle)
So laufen zum Beispiel Menschen mit eingeschränkter Mobilität häufig gefahr, dass ihnen der Zugang zur Verteilung von Lebensmitteln und Wasser verwehrt bleibt. Es ist lebenswichtig, dass die am meisten gefährdeten Menschen nicht vergessen oder zurückgelassen werden. Aus diesem Grund führen wir einfache, aber effiziente Anpassungen durch, etwa um sicherzugehen, dass Wasserquellen auch von Menschen mit eingeschränkter Mobilität genutzt werden können. Außerdem bilden wir Hilfskräfte aus, damit sie Menschen mit speziellen Bedürfnissen erkennen und unterstützen können. Unsere Expertise ist wertvoll für unsere Partner und für die Koordination der humanitären Hilfe.
„Wir müssen heute mehr denn je zuvor mit den Nothilfe-Organisationen zusammenarbeiten, um die essentielle Versorgung für Menschen zu gewähren, die Gefahr laufen, ausgeschlossen zu werden – allen voran Menschen mit Behinderung und ältere Menschen", sagt Xavier Duvauchelle.
Lebensrettende Physiotherapie bei schwerer akuter Unterernährung
Xavier Duvauchelle erklärt, dass die Bedürfnisse und Herausforderungen in jedem Land sehr unterschiedlich sind. So haben wir etwa in den letzten Monaten einen beispiellosen Anstieg von Flüchtlingen aus dem Südsudan gesehen, die sich im Norden Ugandas und im Westen Äthiopiens ansiedeln.
„Wir sind besonders besorgt über die Zahl der Kinder unter fünf Jahren, die in einem Zustand akuter Unterernährung hier ankommen", sagt Xavier Duvauchelle.
Archivbild: Physiotherapie für Kinder, die unter schwerer aktuer Unterernährung gelitten haben, Kinshasa, 2013 © Johanna de Tessières / Handicap International
Für 2017 wird erwartet, dass 820.000 Kinder in Südsudan, Somalia, Uganda und Äthiopien von einer schweren akuten Unterernährung betroffen sein werden. Diese Kinder unterliegen einem extrem hohen Infektionsrisiko und ihr Wachstum und ihre kognitive Entwicklung können sich verzögern. Aus diesem Grund beginnen wir mit neuen Programmen zur physischen Stimulation in Äthiopien und führen Bedarfsermittlungen in Somaliland und Uganda durch. Wir werden speziell ausgebildete Fachkräfte für Physiotherapie bereitstellen, die in Zusammenarbeit mit anderen medizinischen Fachkräften sicherstellen, dass jedes betroffene Baby und jedes Kind die besten Chancen auf eine vollständige Genesung hat.
Die HI-Projekte vor Ort werden von der Europäischen Union Humanitarian Funding gefördert.
Sie wollen weitere Infos?
- Lesen Sie HIER mehr zu unserer Lebensrettenden Physiotherapie in der aktuellen Hungersnot in Ostafrika und Jemen.
- Lesen Sie HIER ein Interview mit Xavier Duvauchelle, Programmbeauftragter für Ostafrika bei Handicap International, in dem er über das Ausmaß der Katastrophe berichtet und erklärt, wie unsere Teams vor Ort helfen.
- Verschaffen Sie sich HIER einen Überblick über unsere genauen Tätigkeiten in den einzelnen betroffenen Ländern.
- Lesen Sie HIER mehr über die Unterstützung besonders schutzbedürftiger Menschen im Südsudan.
- Erfahren Sie HIER mehr zur menschengemachten Hungersnot im Jemen.
- Ehrfahren Sie HIER mehr über die Situation in Äthiopien, wo Wassermangel zu Spannungen und Konflikten führt.
Mitarbeiter von Handicap International während eines Besuches in einem Dorf in Südsudan im März 2016 © Deng Bol Malith / MTT - Mobile Theater Team