Ukraine: Im Krieg füreinander da
Dank der Hilfe von Handicap International (HI) versucht ein starkes Ehepaar aus der Region Charkiw, sich nach dem Trauma des Krieges wieder aufzurichten. Die psychologische Hilfe ermöglicht es beiden, voller Hoffnung nach vorne zu blicken und mit der angespannten Situation umzugehen.

Durch die psychologische Hilfe von HI geht es Serhii und Mariia wesentlich besser und sie schauen hoffnungsvoll in die Zukunft. | © H.Kostenko / HI 2025
Mariia und ihr Mann Serhii leben in einem Dorf in der Nähe von Bohodukhiv, in der Region Charkiw. Serhii ist auf der linken Körperseite teilweise gelähmt und daher in seinen Bewegungen eingeschränkt. Mariia unterstützt Serhii rund um die Uhr.
Pflege rund um die Uhr – eine psychische Belastung
Ihr Alltag folgt einem festen Rhythmus: Medikamente, Bewegungsübungen, Ruhe und Zeit im Freien. Mariia kümmert sich um Serhii und kombiniert das, was sie von medizinischen Fachkräften gelernt hat, mit dem, was sie selbst gelernt hat. „Er kann nicht nur herumliegen", sagt sie. „Wir arbeiten jeden Tag zusammen. Selbst eine Stunde Bewegung ist wichtig."
Während Serhii von den HI-Spezialisten Reha erhält, hat auch die psychische Komponente für beide einen großen Unterschied gemacht. Mariia hat an Sitzungen zur psychosozialen Unterstützung teilgenommen, die von der HI-Psychologin Liza angeboten wurden.
„Ich wusste, dass ich Hilfe brauchte", sagt Mariia. „Ich war rund um die Uhr bei ihm. Es war anstrengend und ich hatte das Gefühl, dass ich emotional auseinanderfiel"
Die Hilfe von Handicap International in den Bereichen psychische Gesundheit und psychosoziale Unterstützung (MHPSS) in der Ukraine ist darauf ausgerichtet, Menschen in Konfliktgebieten zu erreichen - insbesondere dort, wo der Zugang zur Gesundheitsversorgung nach wie vor eingeschränkt ist. Laut einer kürzlich durchgeführten Studie* geben 63 % der befragten Haushalte an, unter mindestens einem psychischen Problem zu leiden. Stigmatisierung und fehlende Versorgung halten aber viele Menschen weiterhin davon ab, Hilfe zu suchen. Für Mariia hat die Möglichkeit, offen zu sprechen und praktische Bewältigungstechniken zu erlernen, eine positive Wirkung.
Ukraine: Noch immer Stigmatisierung psychischer Krankheiten
„Liza hat mir gezeigt, wie ich mich beruhigen kann, wie ich innehalten, durchatmen und meine Frustration bewältigen kann", erinnert sich Mariia. „Sie gab mir einfache Werkzeuge an die Hand, die ich nutzen konnte, wenn sich die Dinge überwältigend anfühlten. Sie halfen mir, mein Gleichgewicht wiederzufinden."
Zu den Techniken, die ihr besonders geholfen haben, gehörten Atemübungen und sogenannte Erdungstechniken. Bei einer dieser Übungen benennt sie Gegenstände in ihrer Umgebung, um Ängste abzubauen. „Manche Übungen funktionieren besser als andere, aber ich versuche es immer. Ich lerne, auf mich selbst aufzupassen.“
In der Ukraine stellt die Stigmatisierung von psychischen Erkrankungen nach wie vor ein erhebliches Hindernis für eine wirksame Versorgung dar. Nach Angaben der Vereinten Nationen sind viele Menschen mit psychischen Problemen mit einem gesellschaftlichen Stigma konfrontiert, das sie davon abhält, die benötigte Unterstützung zu suchen.
So war es auch bei Serhii. Er litt unter Ängsten und emotionalen Problemen, zögerte aber zunächst, psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Durch die Ermutigung seiner Frau Mariia begann Serhii, an psychologischen Sitzungen von Handicap International teilzunehmen. In diesen Sitzungen lernte er Bewältigungstechniken, die ihm halfen, seine Ängste in den Griff zu bekommen und wieder ein Gefühl der Kontrolle zu erlangen.
Als Paar wieder zusammenwachsen
„Mariia ist selbstbewusster und ruhiger geworden", stellt Liza fest. „Ihre Beziehung ist stärker geworden, und Serhii hat begonnen, sich mehr zu engagieren. Die Unterstützung des Betreuers ist genauso wichtig wie die Unterstützung der betreuten Person, insbesondere bei der langfristigen Genesung", erklärt die HI-Psychologin Liza.
Heute bewegt sich Serhii selbstständiger, nutzt sicher seinen Rollstuhl und lernt, kurze Strecken mit einem Gehstock zurückzulegen. Die Enkelkinder besuchen das Ehepaar oft, bringen neue Energie ins Haus und schenken ihnen Hoffnung. Die Familie blickt weiterhin gemeinsam nach vorn.
„Wir sind nicht mehr allein", sagt Mariia. „Dank der Unterstützung, die wir erhalten haben, kommen wir Schritt für Schritt voran."
Mit Unterstützung des Auswärtigen Amtes und in Zusammenarbeit mit dem Dänischen Flüchtlingsrat (DRC) bietet Handicap International Menschen, die vom Krieg in der Ukraine betroffen sind, psychosoziale Unterstützung und Rehabilitationsmaßnahmen an.
* Bewertung von REACH - eine humanitäre Initiative, die detaillierte Daten, aktuelle Informationen und fundierte Analysen aus Krisen-, Katastrophen- und Vertreibungssituationen bereitstellt.
Das Auswärtige Amt unterstützt humanitäre Hilfsprojekte in der Ukraine.