Landminen-Monitor 2024: Opfer sind lebenslang gezeichnet
Jedes Jahr werden tausende Menschen durch Minen verstümmelt oder getötet. Nach dem neuen Landminen-Monitor 2024 waren es 2023 mindestens 5.757 Menschen, 22 Prozent mehr als im Vorjahr. Eines der Opfer ist Srey Neang aus Kambodscha. Sie war vier Jahre alt, als sie im Hof ihres Onkels spielte. Eigentlich wollte sie nur eine Katze streicheln, als eine Explosion ihr das Bein abriss.
© S. Rae / HI
Heute flitzt Srey mit dem Fahrrad zur Schule, spielt mit ihrer Prothese Fußball und macht all die Arbeiten, die auch ihre Geschwister erledigen müssen: Holz hacken, Wasser holen oder Geschirr spülen. Die Familie der 13-Jährigen lebt in großer Armut.
Kambodscha - bald frei von Landminen?
Die Geschichte von Srey Neang steht stellvertretend für die Herausforderungen für viele Menschen, die in ehemaligen Kriegsgebieten leben. Kriege haben das Land mit Minen und Blindgängern verseucht, die jahrzehntelang danach noch immer eine Gefahr darstellen.
Kambodscha hat sich im Rahmen des Landminen-Verbotsvertrags (Ottawa-Konvention) zur Räumung aller explosiven Kriegsreste verpflichtet und verfolgt das Ziel, bis 2025 minenfrei zu sein. Das Land zeigt, dass eine langfristige Minenräumung und ein Rückgang der Unfälle möglich sind. Im Jahr 2000 gab es in dem südostasiatischen Land über 800 Opfer. 2023 waren es weniger als 30.
Handicap International unterstützt die Umsetzung der Normen des Verbotsvertrags seit Jahren und versorgt Minenopfer mit Prothesen, Physiotherapie und psychologischer Unterstützung. Handicap International ist Gründungsmitglied der ICBL, der Internationalen Kampagne für das Verbot von Landminen (ICBL), die 1997 für Ihren Einsatz den Friedensnobelpreis erhielt.
Landminen-Monitor 2024: Erneuter Anstieg der Opferzahlen
Der Landminen-Monitor 2024 erfasst die Umsetzung der so genannten Ottawa-Konvention, die den Einsatz, die Herstellung, die Weitergabe und die Lagerung von Antipersonen-Minen verbietet. Er veröffentlicht Daten für das Kalenderjahr 2023 und enthält Informationen bis Oktober 2024 (soweit möglich).
In unserer übersichtlichen Zusammenfassung finden Sie weitere Informationen.
Im Faktenblatt finden Sie Informationen zum Verbotsvertrag, Herstellung, Verbreitung, Kontamination etc.
Hier können Sie den Landminen-Monitor 2024 einsehen.
Einige Fakten aus dem Landminen-Monitor, der am 20. November veröffentlicht wurde:
- Im Jahr 2023 wurden mindestens 5.757 Menschen durch Landminen oder explosive Kriegsreste getötet oder verletzt. Dies entspricht einem Anstieg von (22 %) im Vergleich zum Jahr 2022, in dem es 4.709 Opfer gab.
- Die Zahl ist zum 9. Mal in Folge gestiegen.
- 84 % der registrierten Opfer im Jahr 2023 waren Zivilist*innen.
- Kinder (1.498 Opfer) machten 37 % der zivilen Opfer, von denen das Alter bekannt war, im Jahr 2023 aus.
- Es gab Opfer in 55 Staaten.
- Die zehn Länder mit den meisten registrierten Opfern im Jahr 2023 waren Myanmar (1.003), Syrien (933), Afghanistan (651), Ukraine (580), Jemen (499), Nigeria (343), Burkina Faso (308), Mali (174), Äthiopien (106) und Irak (102).
- Antipersonen-Minen wurden zwischen Mitte 2023 und Oktober 2024 vom Iran, Myanmar, Nordkorea und Russland eingesetzt.
- In mindestens fünf Staaten – Kolumbien, Indien, Myanmar, Pakistan und Palästinensische Gebiete (Gaza) – setzten auch nichtstaatliche bewaffnete Gruppen Antipersonen-Minen ein.
- Insgesamt sind noch immer 58 Länder und andere Gebiete mit Landminen verseucht.
- Russland hat seit seinem Einmarsch im Februar 2022 in der Ukraine in großem Umfang Antipersonen-Minen eingesetzt. Es gibt glaubwürdige Informationen, dass die Ukraine, die Vertragspartei des Ottawa-Vertrags ist, 2022 auch Landminen in und um Isjum eingesetzt hat, als die Stadt unter russischer Kontrolle stand.
Landminen-Verbotsvertrag: Erfolg trotz Anstieg der Opferzahlen
„Der 1997 geschlossene Vertrag über ein Verbot von Antipersonen-Minen hat viel bewirkt und die Zahl der Opfer in vielen Ländern deutlich reduziert. Dennoch sehen wir in den letzten Jahren wieder eine so hohe Zahl Verletzter und Getöteter. Konflikte nehmen zu und einige Armeen, wie Russland in der Ukraine oder Myanmar, setzen Landminen in großem Umfang ein“, sagt Dr. Eva Maria Fischer, Leiterin der politischen Abteilung von Handicap International Deutschland. „Darüber hinaus bleiben Gebiete über längere Zeiträume kontaminiert, was auch lange nach Beendigung des Konflikts Opfer fordert. Im Jemen beispielsweise ist die Gewalt seit einem Waffenstillstand im Oktober 2021 deutlich zurückgegangen, aber die Menschen sind weiterhin Opfer des Erbes vergangener Kämpfe“, so Fischer weiter.